Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

Crells Sturz. 105 
sprechen geben lassen, sich nicht weiter in die französischen Händel 
einzulassen, wurde die Verbindung mit Heinrich IV. gelöst, die 
deutschen Truppen kehrten ohne Erhebliches geleistet zu haben 
zurück, statt des rückständigen Soldes mit einem Schuldschein 
Heinrichs auf 2,146898 Fl., der niemals eingelöst worden ist. 
Pfalzgraf Johann Casimir hatte auf die Nachricht von seines 
Schwagers Tode seinen Secretair nach Dresden geschickt, um, 
vermuthlich bei dem Kanzler Crell selbst, Erkundigungen nach 
dem Stame der Dinge mit Bezug auf die Verhandlungen 
über das protestantische Bündniß einzuziehen; als dieser dort 
anlangte, war die Katastrophe bereits erfolgt und Crell nicht 
mehr Kanzler, sondern Gefangener. 
Deun noch war Christians J. Leiche nicht zur Erde be- 
stattet, als der Ausschuß der Ritterschaft, dem Hasse aller 
derer, welche durch Crells Rücksichtslosigkeit beleidigt, durch 
seine Herrschsucht verdrängt und durch seine kirchlichen Reformen 
erbittert waren, Ausdruck gebend, an den Administrator das 
Gesuch richtete, er möge dem Kanzler als dem vornehmsten 
Beförderer der geschehenen Religionsveränderung das große Siegel 
abnehmen, ihn verhaften lassen, die vertriebenen Geistlichen wieder 
einsetzen und den Landtag berufen. Da auch die eifrig lutherisch 
gesinnte Kurfürstin-Wittwe sich den beiden ersten Anträgen an- 
schloß, so eilte der Administrator sie zu gewähren. Am 
23. October wurde Crell mit zwei Secretären plötzlich ver- 
haftet; dasselbe Loos traf den Superintendenten Pierius in 
Wittenberg, der erst nach Jahresfrist auf Elisabeths von Eng- 
land Verwendung die Freiheit wieder erhielt, und den leipziger 
Dr. Gundermann, der durch die unwürdigsten Mittel zur Amts- 
entsetzung gebracht wurde 1); in Dresden mußten die Hof- 
prediger Salmuth und Steinbach vor der Wuth des gegen die 
Calvinisten entfesselten Pöbels, der selbst das Trauergeleite des 
verstorbeuen Hofpredigers Schütz auf das schmählichste mißhan- 
delte, nach Stolpen in Sicherheit gebracht werden; die un- 
längst verdrängten Geistlichen kehrten in ihre Stellen zurück; Dr. 
Dav. Pfeifer wurde wieder Kanzler, der letzte bürgerlicher Abkunft, 
1) Gretschel a. a. O. II, 130.
	        
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