108 Die Administration Friedrich Wilhelms von Sachsen-Weimar.
sondern den Prozeß der Landschaft überlasse, den Schein der
Unparteilichkeit zu geben, während er doch, wo es noth that,
das Verfahren gegen den Angeklagten recht gut in die ihm
wünschenswerthe Richtung zu leiten verstand. Als aber nnn-
mehr zur Aufstellung einer förmlichen Anklage geschritten werden
sollte, zeigte es sich, daß der Landtag in seiner Gesammtheit
keineswegs mit dem bisherigen Verfahren des ritterschaftlichen
Ausschusses einverstanden sei; die Städte waren bedenklich, die
Universität Wittenberg lehnte die Betheiligung geradezu ab, die
Grafen und Herren verlangten, daß gebührlich und nach Ord-
nung der Rechte gegen Crell procedirt werde, ja sogar ein
Theil der Ritterschaft sprach gegen die Vormünder seinen Un-
willen über das gehässige Eifern gegen die Calvinisten, durch
welches das Andenken des verstorbenen Kurfürsten beschimpft
werde, sowie über die aus dem übereilten und formlosen Ver-
fahren gegen Crell hervorleuchtende Nachgier Einzelner unver-
hohlen aus!), während auch von auswärts, von den hessischen Land.
grafen, dem Pfalzgrafen, Verwendungen für den Gefangenen
einliefen, „weil wir“, wie ersterer schreibt, „gewißlich sehen
und spüren, daß fast alle und jede dem Kanzler zugelegte Ver-
übung gerade auf den verstorbenen Kurfürsten gerichtet und er
in des Kanzlers Person verfolgt und angestellt werden will“.
Nur mühsam wurde der Landtag zu dem Beschlusse gebracht,
den Proceß gegen Crell anzustellen; da aber trotz alles Nach-
spürens sich in Crells Schriften durchaus nichts fand, was zur
Begründung einer förmlichen Anklage ausgereicht hätte, so
dauerte es noch Jahre, ehe der 1593 zur Führung des Pro-
cesses niedergesetzte Ausschuß von 27 Personen denselben oder
vielmehr das fast beispiellos gehässige und willkürliche Spiel
mit den Formen des Rechts, welchem man den Namien eines
Processes gab, begann. Umsonst brachte Crells Gattin seit 1594
wiederholte Mandate des Reichskammergerichts aus, welche dem
Gefangenen fürderlich Recht zu eröffnen, wo nicht denselben
auf Urfehde der Haft zu entledigen geboten, denn der Admini-
strator erwirkte unter Berufung auf das sächsische privilegium
1) Weiße, Neues Museum l,. 95.