Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

160 
1006 
114 Kurfürst Christian II. 
· Wie hätte sich ein so schwacher Fürst dem Einflusse und 
der Leitung der Partei entwinden können, die während seiner 
Minderjährigkeit die Herrschaft erobert und seine Regierung 
mit Crells Blute eingeweiht hatte! Aber doch fühlte sich diese 
ihres unnatürlichen Triumphes so wenig sicher, daß sie nach 
innen wie nach außen sich durch immer neue Bollwerke zu 
schützen für nöthig hielt. Nicht genug, daß der Kurfürst seine 
strenge Anhänglichkeit an Luthers Lehre und die Concordie aus- 
drücklich zu erkennen gab, wurde nun, 1602, weil man noch 
immer so viel Verhehlung der wahren Überzeugung wahrge- 
nommen hatte, der förmliche Religionseid auf das Concordien- 
buch eingeführt und damit nothwendigerweise dem sächsischen 
Beamtenthum ein Charakter der Unwahrhaftigkeit aufgezwungen, 
den das Land lange und schwer zu tragen gehabt hat. Durch 
die Vereinigung des in dem nämlichen Jahre als oberste 
Kirchenbehörde errichteten geistlichen Nathes mit dem meißner 
Consistorium und dessen Zurückverlegung nach Dresden wurde 
1606 auch das Oberconsistorium wieder hergestellt. Daß 
Leipzig sich auf dem torgauer Landtage von 1593 von der 
Theilnahme an dem schnöden Verfahren gegen Crell losgesagt 
hatte, wurde durch die Amtsentsetzung des Bürgermeisters 
Schönherr gerächt. Den merkwürdigsten Blick aber in die 
ängstlich erhitzte Stimmung der damals in Kursachsen herrschen- 
den Partei läßt ein an sich sehr wenig bedeutender Vorfall 
thun. Auf der Auerhahnbalz in der gräfenhainicher Haide 
wurde der Kurfürst durch einen in seiner Nähe fallenden Schuß 
erschreckt; es ergab sich, daß ein wandernder Gauner ihn als 
Zeichen für seine Diebsgesellen abgefeuert hatte. Aber der 
fieberhaft erregte Argwohn der Lutheraner witterte dahinter 
nichts Geringeres als eine von dem zum heidelberger Katechis- 
mus abgefallenen Anhalt oder von Kurpfalz versuchte Blut- 
rache für Crell, einen Mordanschlag der Calvinisten gegen den 
Kurfürsten. Die Folter erpreßte dem Gefangenen das ver- 
langte Geständniß, daß ein anhaltischer Edelmann, von Dünan, 
manicum (1609), p. 318 und des bairischen Agenten W. Boden Be- 
richt bei Wolf, Gesch. Maximilians I. (18090) III, 25. 6
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.