Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

Lutherische Reaction. 115 
und der Kanzler zu Dessau, Dr. Biedermann, des um des 
Calvinismus willen aus Sachsen vertriebenen Juristen Wesen- 
beck Schwiegersohn, ihn augestiftet hätten, den Kurfürsten zu 
erschießen. Daß Anhalt nicht bloß gegen den Kurfürsten, son- 
dern auch gegen den Kaiser sich weigerte, die Angeschuldigten 
zur Confrontation nach Dresden zu stellen, daß darauf jener 
Gauner sammt seinem Spießgesellen 1605 trotz Biedermanns 
und Dünaus Protestation in Dresden grausam hingerichtet 
wurden, vermehrte die Spannung so, daß man sogar Gewalt= 
maßregeln befürchtete. Vielleicht um seine bedrohten Unter- 
thanen zu schützen, nahm der Fürst von Anhalt beide in Ge- 
wahrsam, hielt sie auch darin, obgleich das Reichskammergericht 
sie in Freiheit zu setzen gebot, bis zuletzt ihr Tod der Sache 
von selbst ein Ende machte 1). 
Daß bei solcher Stimmung das allgemeine protestantische 
Bündniß, welches Kurpfalz und Landgraf Moritz von Hessen 
im Einverständniß mit Brandenburg seit 1604 aufs neue an- 
regten, bei Kursachsen nach wie vor nur auf Eifersucht und 
Widerwillen stieß, daß dieses, als Friedrich IV. von der Pfalz 
endlich 160)8 die einst von Christian I. zu Torgau beabsichtigte 
Union der Protestanten zu Ahausen wirklich ins Leben rief, 
um keinen Prcis zum Beitritt zu bewegen war, ist ebenso er- 
klärlich wie, daß es mit seinen schüchternen Bitten um Scho- 
nung der wahren augsburger Confessionsverwandten bei dem 
mit den vollen Segeln der kirchlichen Reaction daherfahrenden 
Kaiserhofe nur höhnische Mißachtung erntete. Darin bestand 
der Lohn für die Ergebenheit, mit der es auf dem Reichstage, 
auf dem Kurfürstentage zu Fulda die Partei des Kaisers er- 
Kriff, für die Türkenhilfe, die es ihm theils selbst zahltc, theils 
auf den obersächsischen Kreistagen erwirkte. Von der großen 
Stellung als Vormacht des deutschen Protestantismus und 
der deutschen Libertät, die Moritz errungen, die zu behaupten 
Christian 1. noch einmal den Versuch gemacht hatte, war 
Sachsen herabgesunken zum Schildknappen der habsburgischen 
1) v. Weber, Ein Schuß im Walde, in v. Naumers Histor. 
Taschenbuch, Jahrg. 1860. 
8. 
1004
	        
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