118 Kurfürst Christian II.
die Ketzer an einander zu hetzen und ihre zwei starken Flügel
zu zerbrechen“ 1). Der Ergebenheit Sachsens war man gewiß;
sie wurde bei der Unselbständigkeit des Kurfürsten durch die
Gesinnung seines Bruders Johann Georg, der Hoftheologen,
der in kaiserlichem Solde stehenden kurfürstlichen Näthe ver-
bürgt; sie galt sogar dem ohnmächtigen Kaiser Rudolf II. in
seiner Bedrängniß durch den eigenen Bruder Matthias als
letzte Zuflucht; er dachte schon (1608) an Flucht nach Dresden,
aber der Kurkfürst selbst rieth davon ab; er hemmte dagegen
im Verein mit Brandenburg durch seine Unterhandlung Matthias'
Vordringen, er suchte, besonders durch seinen Abgesandten
Gerstenberger, zwischen dem Kaiser und den Böhmen zu ver-
mitteln und rieth, sich der letzteren durch Verleihung des
Majestätsbriefes zu versichern. Um so zurersichtlicher meinte
Christian, arglos und befangen wie er war, auf die Dank-
barkeit des Kaisers in der jülichschen Sache rechnen zu dürfen,
nicht bedenkend, eine wie morsche Stütze das entwürdigte Kaiser-
thum selbst bei redlicheren Absichten für ihn war. Auf das
schroffste trat er daher den brandenburgischen Ansprüchen ent-
gegen. „Sagt eurem Herrn“, herrschte er die nach Dresden
1) Droysen, Preuß. Politik III, 1. S. 24. — Der Reichsvicekanzler
Leopold von Strahlendorf spricht dies in seinem Discurs und Bedenken
Über die jllich bergische Succession 1609 sehr präcis aus (v. Selchow,
Magazin f. d. teutsche Geschichte und Rechte (1783) II. 227 fl.):
„Damit aber die Keter, sich zu verbinden, keinen Anlaß nehmen
möchten, wäre ein Kunststück sie uneins zu machen und wie die Füchse
ihre eigene Lande verderben zu lassen ... Also ist dem Hause Sachsen
die brandenburgische zunehmende Gewalt nicht allein der Nachbarschaft wegen
sehr suspect, sondern sticht ihm mächtig in die Augen, daß da zuvor kein
Haus in Deutschland, nach dem österreichischen, höher als Sachsen ge-
standen, bey solcher Beschafsenheit, es gleichsam abnehmen und die Chre
so seinen Vorfahren gewesen, einem andern gönnen, ja noch den es weit
höher gebracht haben, mit Schmerzen sehen müsse, ist es also Sachsen,
das jülichsche Land zu bekommen, nicht so sehr Ernst als daß es nur
Brandenburg nicht behalten möge. Hier will nun vonnöthen sein diese Miß-
gunst nicht allein zu vermehren, sondern Sachsen gleichsam fortzutreiben; es
gerathe nun unter ihnen zur Transaction, zum Disputat oder dergleichen
Mitteln. — So könnte hieraus der catholischen Kirche und dem Hause
Osterreich trefflicher großer Nutze entstehen, wenn nur Fleiß angekehrt wird.=