Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

1619 
128 Kurfürst Johann Georg I. 
ausgesprochen, als der Sturz des Cardinals Clesel, des Ver- 
treters gemäßigter Maßregeln, die Aussichten auf Erhaltung 
des Friedens vernichtete. Die von Erzherzog Ferdinand und 
den Jesuiten verfochtene Ansicht, daß man den böhmischen 
Aufstand als Gelegenheit, um gegen die Ketzerei einen Haupt- 
schlag zu führen, willkommen heißen müsse, gewann in Wien 
die Oberhand. Dampierre und Boucquoi rückten in Böhmen 
ein, konnten aber nicht verhindern, daß fast das ganze Land 
in die Hand der Aufständischen fiel, denen Graf Ernst von 
Mansfeld 4000 Seldner zuführte. Democh ließ sich der Kurfürst 
dadurch nicht abschrecken, Jakob v. Grünthal nach Prag und 
Wien zu schicken, um beiden Parteien eine Friedensunterhand-- 
lung annehmbar zu machen. Wirklich gab der Kaiser seine 
Zustimmung, daß Sachsen im Verein mit Kurpfalz, Mainz 
und Baiern zu Pilsen die Vermittlung unternahmen. Da 
aber die Böhmen, die auf einen Ausgleich mit dem von den 
Jesuiten beherrschten Ferdinand überhaupt nicht mehr hofsten, 
die vom Kaiser ihnen vor Eröffnung der Verhandlungen an- 
gesonnene Submission auf das bestimmteste verwarfen, so 
brachte der Kurfürst statt der Waffenniederlegung einen Still- 
stand in Vorschlag. Die wachsende Bedrängniß bewog Ferdi- 
nand den Herru v. Dalberg wenigstens mit der Erklärung nach 
Dresden abzufertigen, daß er sich mit theilweiser Abdankung des 
böhmischen Kriegsvolkes begnügen wolle; sobald ihm aber der 
Fall des von Mansfeld belagerten Pilsen die Einwilligung zu 
einem zweimonatlichen, nöthigenfalls zu verlängernden Still- 
stande, welche der böhmische Landhofmeister Adam v. Waldstein 
überbrachte, abpreßte, lud Johann Georg, um jeden Zeitverlust zu 
vermeiden, aus eigner Machtvollkommenheit und ohne die Antwort 
der Böhmen abzuwarten, die Interpositoren nebst den kaiser- 
lichen Kommissarien auf den 10. Jannar a. St. 1619 zur 
Verhandlung nach Eger. Aber der Herzog von Baiern be- 
quemte sich erst nach langem Zögern an der Interposition 
Theil zu nehmen; Kurpfalz suchte, wenn auch aus entgegenge- 
setzten Gründen, sie ebenfalls hinauszuschieben und die Böhmen, 
deren Ziele bereits weit über die Behanptung gewisser Rechte
	        
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