Der böhmische Aufstand. 129
und Privilegien hinauslagen, willigten erst nach laugen Ver-
handlungen und auch daun nur bedingungsweise in den Stillstand.
Von allen Betheiligten war der Kurfürst von Sachsen der
einzige, der den Frieden aufrichtig wollte, und diesem mangelte
es an dem nöthigen Nachdruck, um seiner Vermittlung Geltung
zu verschaffen. Der Aufang November zusammengetretene
eugere Ausschuß der Stände hatte zwar unter Billigung der
bisher eingehaltenen Neutralität die Nothwendigkeit stärkerer
Rüstung anerkannt, aber die dazu verlangte Geldhilfe unter
Hinweis auf seine Incompetenz abgelehnt und nur die Verwendung
der 252595 Fl. betragenden Stenerreste dazu genehmigt; die
Streitmacht, über welche der Kurfürst verfügte, war schwach
an Zahl und von schlechter Beschaffenheit und Johann Georg
nicht der Mann, um mit geringen Mitteln Großes zu leisten.
Es lasiete auf ihm ctwas von dem lähmenden Gefühle seiner un-
richtigen Stellung zwischen Protestanten und Katholiken, von
denen jene ihn trotz seines Bekenntnisses wegen seiner Ergebenheit
gegen den Kaiser, dicse trotz seiner Ergebenheit gegen den Kaiser
wegen seines Bekenntuisses mit Mißtrauen betrachteten, und bei
seinem schlassen, trägen Wesen war er sich weit weniger klar über
das, was er wollte, als darüber, was er nicht wollte; ohne
positivres Ziel, klammerte er sich daher an die gewöhnliche
Zuflucht der Schwachen, die Neutralität, auch dann noch an,
als dieselbe durch die wachsende Hitze des Kampfes immer
unhaltbarer wurde, bis er zuletzt dahin gerieth, daß er über-
haupt nicht mehr wählen konnte, sondern fast willenlos von
der Fluthb der Ereignisse fortgerissen wurde 7).
Ehe noch der in Folge der stattgehabten Verzögerungen
auf den 4. April hinausgeschobene Interpositionstermin heran-
kam, setzten der Tod des Kaisers Matthias 10./20. März
1619, des Grafen Thurn Zug vor Wien und die große Con-
föderation, welche darauf zwischen den protestantischen Ständen
Böhmens, Mährens, Schlesiens, der Lausitz und Osterreichs
zu Stande kam, allen weitern Friedensbemühungen ein Ziel.
Ebenso rasch wurde ein neuer Vorschlag Johann Georgs, die
1) Müller a. a. O., S. 74 ff.
Böttiger, Geschichte Sachsens. 2. Anfl. 11. J)
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