130 Kurfürst Johann Georg I.
Vermittlung dem Kurcollegium zu übertragen, von den Ereignissen
überholt. Je hitziger aber der Kampf entbrannte, desto eifriger
sah sich Sachsen von beiden Seiten umworben. Während die
Directoren zu Prag die Gesinnung des Kurfürsten durch das
Gesuch eines Darlehens von 400000 Fl., um dessen Befür-
wortung sie sich sogar an die ihnen geneigte Kurfürstin wendeten,
zu erforschen suchten und ihm den Antrag machten, Böhmen
dem sächsischen Vicariat unterzuordnen, dachte Ferdinand ihn
dadurch zu gewinnen, daß er die Lansitzen seiner besonderen
Obhut empfahl (April 1619), ein Schritt, welcher den ersten
Keim zu jener Kombination enthielt, die mehr als alles Andere
die weitere Theilnahme Kursachsens am dreißigjährigen Kriege
bedingen half. Um die nämliche Zeit fanden sich auch Gesandte
aus Baireuth sowie vom Administrator Christian Wilhelm von
Magdeburg ein, um nochmals den Kurfürsten zum Auschluß
an Böhmen und die Union zu bewegen, weolche letztere schon
im October vergebens in ihn gedrungen hatte, sich mit dem
obersächsischen Kreise in Bereitschaft zu setzen. Mochte sich
auch noch diesen Bestrebungen gegenüber die bisherige Zurück-
haltung, die ebenso den persönlichen Neigungen des Kurfürsten
wie der Ansicht des ständischen Ausschusses entsprach, bewahren
lassen, mochte man glauben, vorläufig genug zu thun, wenn
man wie einst zur Zeit der Türkennoth Betstunden zur Ab-
wendung der Gefahr anordnete, die Söldner um 600 Mam
zu Roß und 1200 zu Fuß vermehrte und den flüchtigen böh-
mischen Adelsfamilien eine Zuflucht gestattete, so zwangen voch
schon die nächsten Ereignisse zu deutlicherer Parteinahme und
größerer Kraftanstrengung.
Schon seine ursprüngliche Ansicht, die Wahl des neuen
Kaisers bis nach Stillung der böhmischen Unruhen zu verschieben,
mußte Sachsen bald aufgeben, da die katholische Partei das
Zwischenreich, das gefährlichen Möglichkeiten, wie der Wahl
eines protestantischen Kaisers und den pfälzischen Nänken, Spiel-
raum bot, abzukürzen drängte; nicht einmal, daß als Vor-
bedingung der Wahl eine bestimmte Vereinigung über den Weg,
welcher zu Beilegung der böhmischen Angelegenheit einzuschlagen