132 Kurfürst Johann Georg I.
endlich auch die Persönlichkeit des Kurfürsten, von dem ein
straffes Regiment über den stolzen und eigenwilligen Feudaladel
nicht zu befürchten stand, mußten sie mit Nothwendigkeit auf
ersteres hinweisen. Noch Ende Juni meldete Lebzelter, daß
die Böhmen gänzlich entschlossen seien, dem Kurfürsten die
Krone anzubieten, „wenn er einige Beliebung trage“". Aber
wie hätte diesen die Krone eines innerlich zerrütteten Landes,
dargeboten aus der Hand einer unlenksamen und hochfahrenden
Aristokratie, welche „die freie deutsche Libertät “ dadurch wieder-
aufzurichten gedachte, daß sie die königliche Prärogative auf das
geringste Maß beschränkte, reizen können, einer Krone, zu deren
Behauptung er mit mehr als hundertjährigen Traditionen seines
Hauses hätte brechen, seine Hausmacht einsetzen und seine Be-
quemlichkeit opfern müssen! Nicht das Geringste geschah säch-
sischerseits seine Candidatur zu unterstützen; als Graf Schlick
noch kurz vor der Entscheidung den Versuch machte, den Kur-
fürsten doch noch zur Annahme der Krone zu bewegen, erfolgle
eine kategorische Ablehnung, und so kam es, daß bei der Wahl
die überwiegende Stimmenzahl auf den Pfalzgrafen, nur wenige,
nämlich sieben, auf Johann Georg fielen.
Die böhmische Königswahl bezeichnet den Wendepunkt in
dem Verhalten Sachsens. Zu der bisherigen Abneigung gegen
den böhmischen Aufstand traten jetzt die alte Eifersucht gegen
Kurpfalz und der coufessionelle Haß verschärfend hinzu. Muß
man vaher auch Johann Georgs Parteinahme gegen die Böhmen
unbedingt als einen verhänguißvollen Irrthum verurtheilen,
sie war im Grunde doch nur die nothwendige Consequenz der
falschen Richtung, die Sachsen seit nahezu funfzig Jahren ein-
geschlagen hatte. Oder hätte etma Zohann Georg, in dessen
Munde „du Calvinist!“ das ärgste Schimpfwort war, dem
Pfalzgrafen wegen der böhmischen Lehen die Huldigung leisten
sollen? Der Brief, welchen Hos v. Hoönegg 23. August an
den Grafen Schlick richtete, war gleichsam der Fehdehandschuh,
den das lutherisch-kaiserliche Sachsen der böhmisch-pfälzischen
Partei hinwarf. „DO wie großer Schade“, ruft des Kurfürsten
zelotischer Gewissensrath, „um so viele edle Länder, duß sie