Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

Seine Parteinahme gegen die Böhmen. 133 
alle dem Calvinismo sollen in den Rachen gesteckt werden! 
Vom occidentalischen Antichrist sich losreißen und den orien- 
talischen dafür bekommen, ist in Wahrheit ein schlechter Vor- 
theil!““ Die Böhmen ließen den Aunsfall nicht unbcantwortet. 1) 
An diesem inneren Widerspruche mußten alle Bemühungen 
des neuen Königs, sich mil Sachsen in ein gutes Einvernehmen 
zn setzen, scheitern. ) Es war daher eine wahrhaft muthwillige 
Selbsttänschung, wenn die Böhmen doch noch eine Zeit lang 
den Kurfürsten, sei es auch durch Abtretung der Lansitzen, für 
sich zu gewinnen hossten. Daß ferner die Herzöge von Weimar 
bei König Friedrich Dienste nahmen, daß von einer Vermäh- 
lung Herzog Friedrichs mit einer Schwester desselben die Rede 
zing, Johann Ernst trotz des Kurfürsten Abmahnung in die 
Niederlande zog, um dort für jenen zu werben, daß dem Kur- 
fürsten über Venedig sogar die Nachricht zukam, die Ernestiner 
gedächten mit Böhmens Hilfe die Verluste der wittenberger 
Capitulation wieder einzubringen, ließ den Kampf gegen Böh- 
men fast als eine Pflicht der Selbsterhaltung erscheinen. ) 
1) Indorp. Actu puhlica I. 332 30. In Ho#s Nachwort zu 
eincm 1615 erschienenen Tractate Pol. Levsers: „Ob und warum man 
licber mit den Papisten Gemeinschaft haben solle, denn mit den Calvi- 
nistcn“ findet sich der Satz: „daß der Calvinisten Gott dem Teuffel ehn- 
licher sep denn dem wahren Gott“ und wird aus Daniel und der Apo- 
kalypse nachgewiesen, dass die wahren Christen sich mit dem occidentalischen 
Antichrist (dem Papst) allcusalls einrichten können und dürfen; nicht so 
mit dem orientalischen (Muhamed), und zu diesem haben sich in vielen 
Artikeln die Calrinissen geschlagen, die „üvon unserm Herru Christo keinen 
bessern Glanben haben, denn der Mahomed in seinem türkischen Alcorau gesetzt 
hat.“ — „Hei“, rust er am Ende and, „cs hören's unsere Widersacher 
nicht gerne. — Aber, lieber Gott, wer kann wider die Wahrheit!“ 
2) Ganz richtig hebt das etwas später von Hannibal v. Dohna 
dem Kurfürsten übergebene Memorandum hervor, wic gefährlich es für 
Sachsen sein werde, wenu der Kurfürst von der Pfalz im Besitz von 
Böhmen bleibe: weil er dann seinen Schwager, den Kurfürsten von 
Brandenvurg, bei dem jülichschen Lande erhalten, den Herzog von Weimar 
erhöhen, den Calvinismus sortpstanzen, die sächsischen Unterthanen gegen 
den Kurfürsien aufwiegeln und diesem nachtheilige Bündnissc aufrichten 
werde. Müller, S. 390. 
3) Röse a. a. O. I, 35. 12.
	        
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