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6 Neichstag zu Augsburg 1555.
die Verhandlungen des Reichstages, der bereits sechs Monate
nach dem passauer Vertrage hatte zusammentreten sollen, aber,
theils vurch die grollende Abneigung des Kaisers, theils durch
den markgräflichen Krieg immer aufs neue verschoben, erst den
5. Februar 1555 zu Augsburg eröffnet wurde, viel freier und
nachdrücklicher eingreifen konnte. Obgleich er so wenig wie
seine Mitkurfürsten ihn in Person besuchte, so übten doch seine
Klugheit, Festigkeit und Versöhnlichkeit vermittelst seiner Be-
vollmächtigten Erasmus v. Könneritz, Dr. Liudemam, Dr. Kramm
und v. Berlepsch auf den Verlauf und das endliche Resultat
desselben einen entscheidenden Einfluß. Nun erst war die pro-
testantische Partei einträchtig genug, um von vornherein dem
Versuche des Königs Ferdinand, mit Umgehung des Religions-
friedeus bloß den Landfrieden und die Exerutionsordnung auf
zurichten, mit Entschiedenheit entgegenzutreten. Am 12. März
erneuerten die drei Häuser Sachsen, Hessen und Brandeuu#Zn
zu Naumburg feierlich ihre alte Erbeinigung, deren Zerreißung
einst Karl V. den Weg vor die Thore von Wittenberg
gebahnt hatte 1). Durch ihre Erklärung, keine Anderung der
augsburger Confession, keine Neuerung derselben entgegen dulden,
noch in Sachen der Religion die Mehrheit der Stimmen an-
erkemen zu wollen, ermuthigt, setzten die Protestanten durch,
daß der Religionsfriede zuerst zur Verhaudlung gelangte.
Wenn August hierbei darauf drang, daß die Zusagen des
passauer Vertrags schärfer gefaßt, daß die Beschränkung desselben
auf die Bekenner der augsburger Confession von 1530 ver-
worfen wurde, so war doch anderseits gerade er auch bemüht,
durch Aufstellung vermitteluder Vorschläge der Gegenpartei den
Frieden annehmbar zu machen. Schon hier trat er als der
couciliator et moderator rerum imperii auf, als den ihn
Thnan bezeichnet. Nicht nur bewog er die Protestanten, sich
1) Der naumburger Abschied bei Llenenmann, le pnce welig.
acta publ. 1 (1640), cap. XXVII, p. 119 aq. — Die Erbvereinigung
mit Böhmen ernenerte August erst 1557, wobei auch die Besörderung des
wechselseitigen Handelsverkehrs bedungen wurde. Heinrich, Sächs. Gesch.
Il (1810), S. 315.