Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

12 Witlhelm von Grumbach und Johanu Friedrich der Mittlere. 
Überzeugt, seiner eigenen Sache dadurch am besten zu dienen, 
ließ er kein Mittel unversucht, um den Herzog, der, starr- 
sinnig, beschränkten Geistes und unfähig, seine Mittel gegen 
seine Zwecke ruhig abzmvägen, sich von dem Trotz des Eigen- 
sinns verbleuden ließ, in seinen Entwürfen zu bestärken. Ein 
Bauernknabe aus Sundhausen, Haus Müller genannt Tausend- 
schön, der Engelsgesichte zu haben vorgab oder glaubte 1), mußte 
dem keichtgläubigen Fürsten den Sieg, Kurfürst Augusts be- 
vorstehenden Tod und Ahnliches prophezeihen; im Krystallglas 
ließ ihn Grumbach den verlorenen Kurhunt, ja selbst die Kaiser- 
krone sehen. Aber in seiner Hand erweiterten sich des Herzogs 
Absichten zu einem umfassenden Plane, der nichts Geringeres 
bezweckte als den Umsturz der ganzen Reichsverfassung sammt 
der Fürstenmacht, auf die sie gegründet war, mit Hilfe des 
deuntschen Adels und Frankreichs. Mit dieser Macht standen 
die Ernestiner schon von der Zeit des schmalkaldischen Bundes 
her in freundlichem Verhältniß. Sie sowohl als Grumbach 
nahmen französische Bestallungen an, und im Juni 1558 zog 
Johann Wilhelm mit 2100 geworbenen Reitern nach Frank- 
reich, wohin ihm Grumbach bald nachfolgte. 
So bildete sich zwischen Grumbachs Umtrieben und der 
Gährung im fränkischen Adel, den Hoffnungen der Errestiner 
und der französisch-lothringischen Politik ein innerer Zusam- 
menhang, der einen für August in hohem Grade bedrohlichen 
Charakter annahm ). Es war eine Zeit voller Ränke und 
Tücke. Ein österreichischer Agent erfuhr in Weimar von einem 
gewaltigen Zuge, der für das nächste Jahr beschlossen sei, um 
den jungen Herren die Kur wieder zu verschaffen; Herzog Jo- 
haun Wilhelm sei bestimmt, sich mit franzusisch-lothringischer 
Hilfe gegen August zu erheben, „damit mehr als ein Feuer 
losbrenne“, während Dänemark durch Schweden beschäftigt 
begegnet, Gott heimgestellt und wäre nicht bedacht, daß seinethalben Krieg, 
Unruhe und Empörung im Reiche angerichtet würden“ c. Ortloff, 
Geschichte der Grumbachischen Händel 1 (1868), S. 60. 
1) Ortloff a. a. O., S. 272 ff. 337 ff. 
2) Ebendas., S. 169. 179. 194. 199 ff.
	        
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