Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

Sachsen und Brandenburg. 233 
Fähigkeit der Selbstbestimmung besaß es nicht mehr; auf der 
einen Seite wurde seine Haltung bedingt durch die Eifersucht 
auf das rührige und obendrein auch noch calvinisch gewordene 
Brandenburg, mit dem es aber doch auch wiederum durch zu 
vielfache Interessen verknüpft war, um sich in schroffen Gegen- 
satz zu demselben zu bringen, auf der andern durch den planlos 
engen Anschluß an Osterreich, von dem es sich, ohne eigenen 
Vortheil davon zu haben, als Werkzeug gebrauchen ließ. 
Der nun bereits 43 jährige Kurfürst Johann Georg II. 
war, wie er schon als Kurprinz gezeigt hatte, viel zu genuß- 
und vergnügungssüchtig, um an der Erfüllung ernster und an- 
strengender Regentenpflichten Gefallen zu finden. Vernach- 
lässigung der wichtigsten Interessen des Landes, Anknüpfung 
der bedenklichsten Verbindungen mit dem Ausland, chronische 
Finanznoth im Junern, durch Eutfaltung eines maßlosen 
Prunkes am Hofe theils erzeugt, theils überdeckt, füllen seine 
Regierung. Selbst die confessionelle Basis, auf der Sachsen 
bisher gestanden, begann bereits zu wanken. So gering war 
das Zutrauen zu der lutherischen Glaubenstreue des Kurfürsten, 
daß die Landschaft, geschreckt durch die in den Nachbarländern 
vorgenommenen kirchlichen Veränderungen und die in den pro- 
testantischen Fürstenhäusern sich häufenden Beispiele des Abfalls 
zur römischen Kirche, sich bei der Huldigung nicht bloß, wie 
seit 1601 herkömmlich, von ihm das Versprechen geben ließ, 
in Religionssachen keine Veränderungen vornehmen zu wollen, 
sondern in dem Landtagsreverse vom 15. Juni 1657 die ge- 
schehenen Verwilligungen an die Erfüllung dieser Bedingung 
knüpfte und dies kurz darauf noch durch die Erklärung ver- 
schärfte, daß, wenn der Kurfürst oder einer seiner Nachfolger 
zu einer anderen Religion übertreten würde, demselben ein 
jus reformandi nicht zukommen solle; noch im Landtagsrevers 
vom 8. April 1661 ließen sich die Stände die Versicherung 
wiederholen, daß sie an alle ihre Bewilligungen nicht gebunden 
sein sollten, wenn in der Religion eine Veränderung vorge- 
nommen werden sollte ). Schenkte doch des Kurfürsten eigene 
1) Hausmann, Kursächsische Landtagsordnung (1799), S. 118.
	        
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