Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

Lanenburg. Stist Meißen. Hofleben. 237 
verhältnissen zerrüttet, sich zu den Genüssen und Auszeichnungen 
des Hoflebens zu drängen begann, wurden die Hofämter ver- 
mehrt und reich besoldet. Im Jahre 1666 gab es 55 Kammer-= 
herren und 57 Kammerjunker, die Hofordnung von 1671 
weist schon 291 Personen auf!1); außer 1000 Mann Ober- 
und Untergarde und der aus der ehemaligen Hoffahne ent- 
standenen Leibtrabantengarde zu Roß wurde auch noch eine 
Compagnie Kroaten errichtet, alles in prächtiger Unisorm. Im 
Jahre 1671 begleitete den Kurfürsten nach Torgau ein Reisezug 
von 1128 Personen mit 788 Pferden, bald darauf nach Alten- 
burg ein gleicher von 1238 Personen und 1170 Pferden. 
Mit einer Verschwendung, die sich um die Mittel zu ihrer 
Befriedigung wenig kümmerte, jagte ein Fest des andere, 
Jagden?), Löwenhetzen, Turniere bei Fackelschein, wendische 
Hochzeiten, Wirthschaften und andere Maskeraden, Feuerwerke, 
Vogelschießen in buntester Abwechselung. Jeder hohe Besuch, 
jedes frohe Familienereigniß im Fürstenhause schuf neue Feste. 
Weit berühmt war der dresdner Hof vor allem durch seine 
musikalischen und theatralischen Aufführungen; zu dem Ballet 
lam das Singspiel und die Oper, in welcher während des 
17. Jahrhunderts die Schauspielkunst gipfelte, und nach dem 
Beispiele des französischen Hofes verschmähten es die Mit- 
glieder der kürfürstlichen Familic und des Hofstaates nicht bei 
den Aufzügen, Tänzen, Allegorien, Schauspielen, Schäferdramen, 
Opern und Inventionen aller Art, wie man diese Darstellungen 
naunte, persönlich mitzuwirken. Namentlich die Musik wußte 
der Kurfürst, der nicht bloß in seiner Jugend während der 
Blüthezeit der sächsischen Kapelle unter Schütz Geschmack und 
Kunstsinn gebildet hatte, sondern sogar selbst componirte, der 
Verherrlichung seiner Feste dienstbar zu machen. Aber wie 
damals in Deutschland überhaupt die einreißende Ausländerei 
das Vollsthümliche verdrängte, so namentlich in der Kunst, 
1) Arndt, Necnes Archiv 1, 238. 
2) Auf denen von 1056—1677 wurden 963862 Stilck Wild, darunter 
200 Bären und 2000 Wölsc, erlegt. 
1666
	        
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