Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

16 Kurfürst August und Erzherzog Maximilian. 
das Ergebniß des naumburger Tags als einen Sieg ihrer 
Auffassung zu betrachten, so kehrten die Ernestiner um so 
eifriger auf den Standpunkt zurück, der ihnen den besten Theil 
ihrer Kraft verlieh. Heftiger als je verketzerten die Flacianer 
in Jena ihre Gegner in Wittenberg; Schmähschriften, die an 
Grobheit auf keiner von beiden Seiten etwas zu wünschen 
übrig ließen, flogen herüber und hinüber, bis endlich doch der 
Herzog, um es nicht zum vorzeitigen Bruche mit seinem kur- 
fürstlichen Vetter zu treiben, in Folge einer zwischen dem Kanzler 
Brück und dem Geheimenrath Craco gehaltenen Conferenz sich zur 
Unterdrückung der theologischen Zänkereien verstand, den Flacius, 
der sich nicht fügen wollte, von seinem Amte entfernte und 
zugleich drei gemäßigte kursächsische Theologen an die durch diese 
Streitigkeiten in Verfall gerathene Universität Jena berief. 
Wie tief die protestautische Kirche durch dieses Zerwürfuiß 
geschädigt worden sei, sollte in vollem Umfange erst die Zukunft 
lehren; aber auch der unmittelbare Nachtheil blieb nicht aus. 
Der junge Erzherzog Maximilian hatte von früh an seine 
Hinneigung zur evangelischen Lehre so unverhohlen an den Tag 
gelegt, daß er dadurch zu seinem Vater und seinem Oheim, dem 
Kaiser, in ein gespanntes Verhältniß gerathen war; um so bereit- 
williger kam er dem Kurfürsten August entgegen, als dieser 
sich ihm im Jahre 1555 durch eine vertrauliche Sendung 
Damians v. Sebottendorf zu nähern suchte. Überzeugt, daß 
Maximilian, wenn auch nicht öffentlich und formell, so doch 
im Stillen die evangelische Lehre bekenne, sendete ihm August 
wiederholte Ermahnungen, sich nicht irren zu lassen, „sondern 
bei der erkannten und bekannten Wahrheit, darauf sich Maxi- 
milian referire, beständiglich zu beharren“. Es war eine groß- 
artige Perspective, die sich dem Protestantismus eröffnete, wenn 
jetzt, vo das Evangelium in den Niederlanden, in Schottland, 
in Polen machtvoll vordrang, ein Protestant den Kaiserthron 
bestiegen hätte! Aber es kam anders. August konnte den 
Kaiser Ferdinand viel zu wenig entbehren, als daß er gegen 
ihn für dessen Sohn direct hätte Partei ergreifen mögen. Als 
daher Maximilian bei ihm anfragen ließ, was Hilfe, Beistand
	        
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