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270 Kurfürst Johann Georg IV.
Anschluß Sachsens an Osterreichs Politik und Begünstigung
der katholischen Religion in Sachsen zu bieten hatte, auf
Schwierigkeiten, und allen diesen ehrgeizigen Nänken machte
Sibyllens Tod, die 4. April 1694 zwanzig Jahr alt von den
Blattern hinweggerafft wurde, ein Ende. Hinter dem Altar
der Sophienkirche wurde sie mit fürstlichem Gepränge beigesetzt.
Nicht das ihr in die Gruft mitgegebene Armband von des
Kurfürsten Haaren noch andere Bezanberungen, sondern An-
steckung zog den über seinen Verlust untröstlichen Kurfürsten,
der sich von der Todten, wie vorher von der Kranken kaum
trennen wollte, schon am 27. April nach, ehe es der Neidschütz
gelungen war, ihrer Tochter deren Gesellschaftsfräulein zur
Nachfolgerin zu geben. Er war der letzte regierende Fürst
Sachsens, der in Freiberg begraben wurde 1).
Da Johann Georgs IV. unglückliche Ehe kinderlos ge-
blieben war, so fiel die Regierung seinem jüngeren vierund-
zwanzigjährigen Bruder Friedrich Angust zu, der, von jeher
ein entschiedener Gegner der Neidschütz und deshalb auch mitl-
seinem Bruder gespannt, kaum des von verschiedenen Seiten
durch die beiden so rasch aufeinander folgenden Todesfälle ge-
weckten ungleichen Verdachts bedurfte, um den Sturz dieser
Familie seine erste Regenteuhandlung sein zu lassen. Gegen
die alte Generalin wurde der fiscalische Prozeß eröffnet, der
durch die Enthüllung der von ihr angewandten wahnwitzigen
Zaubermittel zum Theil der widerwärtigsten Art, nicht minder
aber durch die Art, wie derselbe von Seiten der Nichter ge-
führt wurde, ein ebenso grelles als trauriges Schlaglicht auf
den Wust von Aberglauben wirft, der damals noch die höheren
Stände und selbst die gelehrtesten Juristen beherrschle. Um
1) Über die Neidschütz siehe Klotzsch, Sammlung vermischter Nach-
richten (1775) X, 361—413, der besonders gegen Büsching polemisirt.
— Chr. F. Hunold (Menantes) hat diese Vorgänge zu der in seinen
abgeschmackten Roman „Europäische Höse“ eingewebten „Tranrigen
Liebesgeschichte des durchlauchligsten Herzogs Albion und der Prinzessin
Marchiana“" beuutzt, in welcher die Gräfin v. Nochlitz uuter dem Na-
men Adosinia v. Regismond anstritl.