Die Stände. 277
das Recht, die öffentlichen Kassen zu verwalten und sich nach
eigener Willkür und ohne Berufung durch den Landesherrn zu
versammeln, abgesprochen hatte, erlangten gerade die sächsischen
Stände das Recht, sogenannte willkürliche Zusammenkünfte zu
halten, indem sie die Gewährung der von dem Kurfürsten ge-
wünschten Verlängerung der Bewilligungen von vier auf sechs
Jahre an die Bedingung knüpften, daß auf Berufung durch
den Erbmarschall zwei von der Ritterschaft aus jedem Kreise
nebst der Kreisstadt sich auf acht Tage zu Berathung von Lau-
desangelegenheiten sollten versammeln dürfen, wodurch auch der
beschwerlichen Verlängerung der Landtage vorgebeugt werden
könne, was 1663 dahin erweitert wurde, daß drei Mitglieder
aus der Ritterschaft jedes Kreises und die Deputirten von
Leipzig, Wittenberg, Dresden, Zwickau, Langensalza, Plauen
und Delitzsch diese Versammlungen bilden sollten. Friedrich
August I. verweigerte jedoch im Jahre 1699 die Bestätigung
dieses Rechtes, welches nur stillschweigend fortdauerte, bis es
durch die neue Land= und Ausschußtags-Ordnung von 1728
außer Brauch kam. Eine andere wichtige Waffe zur Verthei-
digung und Erweiterung ihrer Rechte besaßen die Stände
imn dem Landtagsrevers. In den von 1661, welcher die
Grumlage aller folgenden bis ins 18. Jahrhundert blieb,
mußte das ausdrückliche Versprechen aufgenommen werden, daß
der Kurfürst ohne der Landschaft Rath und Einwilligung seine
Lande nicht verpfänden, versetzen, noch weniger durch Testament
oder andere Disposition zergliedern, treunen und veräußern
wolle; auch daß er sich durch keinen seiner Räthe und Diener
solle bewegen lassen, Landschaft und Unterthanen nicht zu hören,
ungehört durch Decrete zu bescheiden oder den Landtagsabschie-
den, Reversalien und Zusagen entgegen zu handeln, sondern der-
gleichen Leuten den Zutritt verwehre, sie sogleich abweise, auch
in seinen Diensten nicht dulde. Seit 1666 verschmolzen auch
die meißner Stiftsstände allmählich mit der Landschaft.
Die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts ist aber zugleich
die Zeit, wo sich eine Adelsaristokratie zu bilden begann, nicht
bloß im Schooße der Landschaft, in der z. B. die Universitäten
1661