Kultur und Sitte. Kunst. 289
so war der Hof wieder so prächtig eingerichtet wic vorher;
sein Sohn fühlte sogar das Bedürfniß die Garden durch die
Grands Musquetaires und die Grenadiers à cheval zu ver-
mehren. Vor allem aber war es der Kultus der ausländischen
Kunst, der die Fürsten mehr und mehr dem Sinne für das
Heimische und Volksthümliche entfremdete und sie in jenen be-
ranschenden Zauberkreis bannte, in welchen der Gedanke an
das Wohl oder Wehe ihrer Unterthauen nur selten und kaum
hörbar eindrang. Wenn Johann Georg II. sich 1658 durch
Herzog Wilhelm von Weimar feierlich in die „fruchtbringende
Gesellschaft“ aufnehmen ließ, so war dics nichts weniger als
Theilnahme an nationalen Bestrebungen sondern lediglich Mode-
sache 1). Unter den kleinen Nebenhöfen eiferten besonders die
zu Weißenfels und Zeiz dem dresdener nach; 1667 wurde
Herzog August von Sachsen-Weißenfels, „der Wohlgerathene“,
Mitglied der fruchtbringenden Gesellschaft. Noch viel entschiedener
als sein Vater huldigte Johann Georg III. ungeachtet seiner
vorwiegend kriegerischen Neigungen der Musik und dem Theater
und in beidem dem italienischen Geschmack, zumal seitdem er
1685 in Venedig zum erstenmale Frauen auf der Bühne ge-
sehen und die berühmte Sängerin Margherita Salicola, la belln,
ihrem Contract bei dem Herzog von Mantua förmlich nach
Dresden entführt hatte, wo ihr Erscheinen den Anlaß zur
Gründung der italienischen Oper gab. Texte, welche die Hof-
vichter Schirmer und Dedekind lieferten, erhielten erst durch
die Musik Werth. Während aber der Hof fast ganz in der
ausländischen Kunst aufging, Franzosen und Italicner berief,
wurde doch Sachsen in eben diesem Zeitraume für die Ent-
wicklung des deutschen Dramas von größter Bedentung, freilich
nicht durch J. G. Schochs Komödie vom Studentenleben
(1657) oder des Lausitzers J. A. v. Haugwitz „Schuldige Un-
Pirschseist und Sanjagden; 6000 Thlr. Musik; 4000 Thlr. Pagenab
sertigung, Jahrgeld wie auch Wäsche und Stiefeln. Archiv f. d. sächf.
Gesch. VII, 330; (u. d. dresdn. Archiy).
1) Sein Gesellschaftsname war „Der Preiswürdige", sein Gewächo
der Cedernbaum, sein Mollto: „Besteht unwandclbar “.
Böttiger, Geschichte Sachscus. 2. Aufl. II. 10