290 Inneres 1656—1697.
schuld oder Maria Stuarda“ (1683), wohl aber durch des
zittauer Rectors Christian Weiße (geb. 1642) zur Aufführung
durch seine Schuljugend bestimmten, zwar noch rohen und
formlosen, aber durch Frische und Natürlichkeit von der Steif-
heit der französischen Dramen wohlthuend abstechenden Stücke,
und in noch höherem Maße dadurch, daß zu Leipzig Magister
Johann Veltheim im Verein mit anderen Studirenden, die
schon bisher meistentheils die Darsteller gewesen waren, eine
Schauspielergesellschaft gründete, die, wenn nicht überhaupt die
erste stehende auf deutschem Boden, so doch die war, welche
durch anständige Haltung, Begeisterung für künstlerische Zwecke
und tüchtige Leistungen alle früheren und gleichzeitigen weit
hinter sich ließ. Sie war die erste, welche Frauen unter ihre
Mitglieder zählte. In Leipzig, wo Veltheim seine theatralische
Laufbahn 1669 mit dem Polyenkt des Chr. Kormart eröffnete,
spielte sie besonders zur Meßzeit, außerdem in Berlin, Nürn-
berg, Hamburg, Frankfurt und Breslau. Auch Veltheim führte
die damals beliebten greuelvollen Haupt= und Staatsactionen
auf, wußte ihnen aber durch Einfügung des Pickelhärings oder
Courtisans ein zugleich grotesk-komisches und volksthümliches
Element zu verleihen; ihm gebührt ferner das Verdienst, Mo-
lière zuerst auf der deutschen Bühne eingebürgert zu haben.
Nach Veltheims Tode ging sein Privilegium auf seine Wittwe
über, die es noch 1711 besaß. Zwar führte diese Gesellschaft,
seitdem sie im Jahre 1672 bei den Festvorstellungen des Hofes
mitgewirkt hatte, das Prädikat „kurfürstliche Comödienbande“
und trat 1685 förmlich in kurfürstliche Dienste, doch schenkte
der Hof diesen Bestrebungen im Ganzen wenig Aufmerksamkeit
und schon Johann Georg 1V. entließ wieder sämmtliche deutsche
Comödianten; man gab dort den italienischen Komikern unter
Sacchi Caviello den Vorzug. Damit und mit dem Tode des
Kapellmeisters Christoph Bernhard, des letzten und bedeutend-
sten von Heinrich Schütz' Schülern, 1692, war die deutsche
Kunst am dresdner Hofe für lange Zeit zu Grabe getragen0.
1) Fürstenau a. a. O. 1, 252 ff.