Universitãt Leipzig. 295
zu legen. Neben einem collegium anthologicum bestand ein
collegium Gellianum, wo in Nachahmung der jenaischen so-
cietas disquirentium neue Bücher mitgetheilt und recensirt
wurden; aus dieser Gesellschaft gingen 1682 nach dem Vor-
bilde des seit 1665 erscheinenden Journal des Scavants die
viel bewunderten Acta Eruditorum, Deutschlands erste gelehrte
Zeitschrift, hervor, von Otto Mencke, dann von seinem Sohn
und Enkel herausgegeben, bis 1776 117 Bände. Nur die
lutherische Orthodoxie schleppte unberührt von dem frischeren
Hauche, der die Wissenschaft zu durchziehen begann, in äder
Scholastik ihr greisenhaftes Dasein weiter. Als Sam. Pufen-
dorf, aus Flöha bei Chemnitz gebürtig, zuerst mit dem Wagniß
hervortrat, die Philosophie von der Theologie zu emancipiren
und wieder zur Würde einer selbständigen Wissenschaft zu er-
heben, setzte sie ihm den heftigsten Widerstand entgegen, und
der Senior der leipziger theologischen Facultät J. A. Scherzer
erwirkte 1673 bei der Regierung die Confiscation von Pufen-
dorfs berühmtem Hambuche De officio hominis et civis und
ein Verbot, Vorlesungen darüber zu halten 1).
Da sah plüszlich diese behäbige Gelehrtenrepublik aus ihrem
eigenen Schoße zwei Erscheinungen auftauchen, die den Frieden
ihres abgeschlossenen Daseins höchst unbequem störten und sie
zur Wahlstatt eines Kampfes machten, in welchem die Ideen
einer neuen Zeit mit den Formen des Bestehenden um den
Sieg rangen, den Pietismus und den Rationalismus, beide
für das traditionelle Lehrgebäude weit gefährlicher als der
helmstädter Synkretismus.
1) Tholuck, Alademisches Leben des 17. Jahrhunderts II, 82 ff.
und Treitschke, Burkhard Mencke (1842), S. 15 ff. — Ein Beispiel
von der Unduldsamkeit der lutherischen Orthodoxie in jener Zeit bietet ein
gewisser Schwaner aus Zittan, der in Eugland Quätler geworden war,
als er aber 1676 um sein väterliches Erbtheil in Empfang zu nehmen
in die Hcimat zurücklehrte, auf die Klage seiner Mutter vom leipziger
Schöppenstuhl verurtheilt wurde, als verdammter Kctzer das Land gänzlich
zu räumen, auch alle seine Güter und Erbschaftsfälle zu verlieren. Laus.
Magazin 1768, S. 311 fl.