Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

298 Inneres 1656—1697. 
Alberti 1). Spener ermunterte diese Bestrebungen durch Briefe 
und persönliche Gegenwart und half mit Nath und That. 
Bald las Franke vor dreihundert Zuhörern den 2. Brief an 
Timothens; das ernstere Studium wirkte vortheilhaft auf 
Geist und Sitte der Studirenden, selbst in Kleidung und Ge- 
berden, zog ihnen aber auch den Spottnamen Pietisten zu. 
Auch Bürger kamen in die meist deutsch gehaltenen Collegien, 
und da nun Schade deswegen seine Vorträge schloß, fingen sie 
an Sonntags sich hier und da in ihren Häusern zur Erbauung 
zu versammeln. Als aber darüber die Hörsäle anderer Pro- 
fessoren leer zu stehen anfingen und die neue Nichtung schärfer 
hervortrat, brach nicht bloß der dogmatische Zorn, sondern 
auch der Brodneid der Orthodoxen in einem heftigen Sturme 
gegen den Pietismus los. Die Seele der ganzen Agitation war 
der hoffärtige und intrignante Dogmatiker J. B. Carpzov. 
Obgleich eine Untersuchung gegen Franke und Anton kein Er- 
gebniß lieferte, so wurde dennoch 1090 das Collexzium philo- 
biblicum geschlossen und Franken das Recht zu theologischen 
Vorlesungen entzogen, ein scharfes kurfürstliches Verbot 10. 
März 1690 gegen die Conventitel erlassen, und den theil- 
nehmenden Studenten mit Entziehung der Stipendien gedroht. 
Unterdessen hatte sich auch über Speners Haupt das Unwetter 
entladen. Weit auders als die orthodoxen Geistlichen, die 
zufrieden, wenn die Mächtigen der Erde äußerlich dem Kirchen- 
thum den schuldigen Respect erwiesen, ihre Weltlust nicht weiter 
störten, hatte Spener aus dem Abschen, den ihm das genuß- 
süchtige Treiben am Hofe erregte, selbst auf der Kanzel kein 
Hehl gemacht; die Einladungen des Kurfürsten zur Oper schlug 
er regelmäßig aus, selbst nach den kostbaren Aufzügen des Hofes 
durfte aus seinen Fenstern kein neugieriges Auge heraussehen. 
Als er nun vollends an einem Bußtage des Jahres 1689 an 
den kurfürstlichen Beichtsohn eine ernste und freimüthige Er- 
mahnung über dessen Lebenswandel richtete, so wurde diese, 
nachdem ihr erster günstiger Eindruck schuell wieder verflogen 
1) Iligen, llistorin rollegii philobiblici (18.30 1.), 3 Programme.
	        
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