Bewerbung um die polnische Krone. 80
nur zu trauriges Beispiel. Wenn der materielle Ruin, den
der dreißigjährige Krieg unserem Lande zufügte, schlimmer war
als die Leiden, welche durch die Verbindung mit Polen über
dasselbe kamen, so hat doch diese seine politische Bedeutung noch
viel tiefer erschüttert, als es bereits durch jenen geschehen war.
Die erste Auregung, welche Friedrich Augusts Blicke auf
den polnischen Thron hinlenlte, und die ersten Schritte, die er
that, um seine Erhebung auf denselben zu erreichen, hüllen sich
in tiefes Geheimniß. Es ist sehr wahrscheinlich, daß die Be-
mühungen Friedrichs III. von Brandenburg, sein souveraines
Herzogthum Preußen zum Königreiche zu erheben, zuerst seinen
Gedanken eine analoge Richtung gaben. Am 26. November
1096 aus dem ungarischen Feldzuge nach Dresden zurückgekehrt,
erhielt er bald darauf, 11. December, als Erwiderung eines
im Anfang des Jahres in Verlin gemachten Besuches einen
Gegenbesuch des Kurfürsten Friedrich; zu den Besprechungen,
die hier stattfanden, gehörte auch, daß Friedrich August die
preußische Königswürde sofort anzuerkennen verhieß. Nachdem
er hierauf den Carneval, eine Lustbarkeit, die sich seit den
italienischen Reisen ganz in Dreoden eingebürgert halte, mit
großer Pracht gefeiert, begab er sich schon den ö. März wieder
nach Wien, wo er der ausgelassenen Sinnenlust ungestörter
fröhnen konnte als unter den Augen seiner sittenstreugen
Mutter und Gemohlin, und hier war es, wo er seinem Ver-
trauten, dem Obersten Jacob Heinrich v. Flemming, einem
Reffen des brandenburgischen Feldmarschai-s, als dieser sich zu
einem Besuche bei seinen Verwandten in Polen, der Familie
des Krongroßschatzmeisters Przebendowski, Urlaub erbat, zu
dessen nicht geringer Überraschung den Auftrag ertheilte,
sich über die polnischen Verhältnisse zu unterrichten und
für ihn um die erledigte Wahlkrone zu werben. Nach einigen
Bedenklichkeiten unterzog sich Flemming der mißlichen Aufgabe,
die in der That keinen geschickteren Händen hätte anvertraut
werden können. Deun mit der Kunst der Überredung und völliger
Unbedenklichkeit in der Wahl seiner Mittel verband dieser Mann
eine bewunderungswürdige Leichtigkeit und Ausdauer in Geschäften,