Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

304 Kurfürst Friedrich August II. 
die ihm seine Unwissenheit und seinen Mangel an Geschäfts- 
kenntniß verdecken halfen, Muth, aber auch Ehrgeiz, Dreistig 
keit und Roheit der Sitten. Bei seiner Ankunft in Warschau 
fand er die Wahlintrigne bereito in vollem Gange; am rührig- 
sien arbeitete der Vertreter Frankreichs, der junge und gewandte 
Abbé Polignac. Da dieser sah, daß von den drei Söhnen 
des verstorbenen Königs keiner Aussicht habe, gewählt zu 
werden, so stellte er, überzeugt, daß die polnische Krone auf 
dem Haupte eines französischen Prinzen das sicherste Mittel 
zur Demüthigung Osterreichs sei, aus eigenem Entschluß den 
Prinzen Franz Lonis von Conti als Camdidaten der franzä- 
sischen Partei auf. Die einflußreichsten Persönlichleiten waren 
bereits für diesen gewonnen, die österreichischerseits aufgestellien 
Candideten, Prinz Jacob Sobieski, Pfalzgraf Karl von Neu- 
burg, Herzog Leopold von Lothringen und der Kurfürst von 
Baiern schienen ungefährlich, so daß Polignac schon voll Zu- 
versicht des Gelingens war, als plötzlich GC-lemming erschien und 
zmunächst seinem Verwandten Przebendowski und durch diesen 
den Häuptern der französischen Partei, dem Erzbischof von 
Guesen Radziejowski, dem Krongroßmarschall Lukomirski und 
dem Fürsten Sapieha insgeheim die Candidatur des Kurfürsten 
von Sachsen annehmbar zu machen wußte; auch die Gegunuer 
Frankrcichs schienen geneigt ihre Candidaten zu Gunsten desselben 
fallen zu lassen und selbst Polignac gab sich die Miene seiner 
Bewerbung Beifall zu schenten, so daß Flemming mit den 
günstigsten Nachrichten zu seinem Herrn nach Wien eilen konnte. 
Oer kaiserliche Hof, jetzt erst von des Kurfürsten Absichten 
unterrichtet, versprach seine Unterstützung um so leichter, als 
er keine Aussicht halte, mit einem seiner Schützlinge durchzu- 
dringen und ihm überhaupt weniger an deren Erwählung als 
an der Verdrängung des französischen Bewerbers lag. 
Seit dem ersten Auftauchen des Wunsches nach der pol- 
nischen Königskrone hatte Friedrich August darüber nicht in 
Zweifel sein können, daß die Hauptbedingzung des Gelingens 
sein libertritt zur katholischen Kirche sei. Allerdiugs ist die 
Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß er auch ohnedies diesen
	        
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