Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

Sein ÜUbertritt zum Katholicismus. 805 
Schritt gethan hätte. Denn seitdem Kurfürst August durch 
den Gewaltact von 1574 mit dem lebendigen Geiste des Prote- 
stantismus gebrochen und sich der einer Weiterentwickelung 
unfähigen Orthodoxie in die Arme geworfen hatte, waren er 
und seine Nachfolger mit erschreckender Folgerichtigkeit dem 
Ziele entgegengeführt worden, vor welchem jetzt Friedrich August 
siand. Aus Feinden des Calvinismus waren sie stufenweise 
zu Verfolgern andersdenkender Protestanten, zu Bundesgenossen 
der katholischen Partei in dem Entscheidungskampfe zwischen der 
alten und der neuen Kirche geworden und schließlich einem 
kirchlichen Indifferentismus verfallen, der sich unter der äußer- 
lichen Aufrechthaltung der überkommenen Kirchenform nur schwach 
verbarg. Wer wollte ferner verkennen, daß das ganze sinnliche 
Treiben, in welches das sächsische Hofleben seit Johann Georgs II. 
Regierungsantritt gerathen war, einen durchaus unprotestanti- 
schen Charakter trug, daß die Pflege italienischer Kunst, die 
selbst dem protestantischen Kultus eine katholische Fürbung gab, 
die wiederholten Reisen der sächsischen Fürsten in den katholischen 
Süden dem Romanismus Vorschub leisteten, während die in 
Erstarrung befangene lutherische Kirche hier wie anderwärts 
mehr und mehr die Fähigkeit verlor, ihre Glieder mit der 
innerlichen Kraft zu erfüllen, die allein sie gegen die Ver- 
lockungen des Katholicismus unzugänglich machen konnte, daß 
endlich anderseits der Triumph, gerade den Fürsten des Landes, 
welches die Wiege der Reformation gewesen, zum alten Glauben 
zurückzuführen, für die katholische Kirche ein besonderer Sporn 
war, auf ihn vor andern ihre Anstrengungen zu richten. Das 
Unionsproijcct, zu dessen Betreibung der Spanier Christoph 
Rojas von Spinola die deutschen Höfe, 1675 auch den dresdner, 
bereiste, der katholische Privatgottesdienst der fremden Gesandten, 
waren gleichsam die Fühlfäden, mit denen die römische Propa- 
ganda vorsichtig und von fern den Boden in Sachsen recog- 
noscirte. Olgleich der Besuch des letzteren 1679 streng unter- 
sagt und 1681 die Katholiken mit ihrer Communion nach 
Böhmen oder der Lausitz gewiesen worden waren, so fuhren 
diese nichtsdestoweniger fort bei dem kaiserlichen Gesandten die 
Böttiger, Geschichte Sachsens. 2. Aufl. II. 20
	        
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