1700
1701
1707
314 Kurfürst Friedrich August I.
König hörte die Messe nur im Stillen in einem zur Kapelle um-
Feschaffenen Saale des Schlosses. Erst als er im Herbst 1699
in Begleitung seines Beichtvaters und Großalmoseniers Vota,
des päbstlichen Nuntius Davia und anderer geistlicher Würden-
träger aus Polen zurückkehrte, ermuthigte ihn die ruhige Hal-
tung der Bevölkerung, die protestantische Kirche im moritzburger
Schlosse dem katholischen Kultus zu schenken und hier umgeben
von einem glänzenden Hofstaate am 15. December (a. St.)
öffentlich das Weihnachtsfest nach katholischem Nitus zu feiern.
Die Wiederherstellung der katholischen Kirche in Sachsen war
gelungen, wenn auch der beabsichtigte Bau einer katholischen
Kirche in Leipzig vorläufig noch unterbleiben mußte.
Je schmerzlicher die Erinnerung an diese Vorgäuge ist, desto
bereitwilliger soll man doch auch die wohlthätigen Folgen an-
erkennen, welche sich aus denselben ergaben. Gehört dazu schon
die Erleichterung der von Leibnitz betriebenen Einführung des
gregorianischen Kalenders auch in Sachsen, Februar 1700, so
ist doch noch viel wichtiger, daß dadurch der Cäsaropapismus
in Sachsen, wo er für Land und Kirche verderblicher als
irgendwo anders geherrscht hatte, gebrochen, die Staatsgewalt
von der Hoftheologie geschieden und diese ihres Einflusses be-
raubt, dadurch der freieren Fortentwickelung der evangelischen
Landeskirche die Bahn geöffnet, endlich auch der lutherischen
Unduldsamkeit gegen die Reformirten, deren Zahl seit der
Aufhebung des Edicts von Nantes sich in Sachsen vermehrt
hatte, ein Ende gemacht wurde. Da der Nath zu Leipzig, wo
man nicht bloß aus kirchlichen Rücksichten sondern auch aus
Handelsneid ihre Ansiedelung ungern sah, ihnen den Gebrauch
der damals noch wüste liegenden Peterskirche verweigerte, so
gab ihnen der König auf ihre durch ein Darlehen unter-
stitzte Bitte 1701 die Erlaubniß zum Gottesdienst in
einem Privathause, den sie jedoch auf die Gegenvorstellungen
der Landstände und des Stadtraths auf ein benachbartes
Dorf verlegen mußten, bis ihnen 1707 der König einen Bet-
saal im kurfürstlichen Amthause einräumte 1). Bezeichnend
1) Weiße, Museum II, 1. S. 218 ff.