866 Kurfürst Friedrich August I.
obersächsischen Kreise ferner behalten könne; Brandenburg bean-
spruchte dasselbe für sich, Hannover war für freie Wahl, wo-
gegen Weimar es Kursachsen zu lassen rieth, damit man es
nicht nöthige, auf die katholische Seite hinüberzutreten, und
schließlich ließ es auch die Uneinigkeit der Evangelischen hier-
bei 1). Daß Sachsens Ansprüche an Jülich und Berg noch
immer nicht beglichen waren, daß Friedrich Wilhelm in der
kurländischen Angelegenheit schon seit 1719 die Wahl auf den
Markgrafen von Brandenburg= Schwedt zu leuken suchte, daß
er sich für die bedrückten Evangelischen in Polen verwendete,
seine Werber das sächsische Gebiet verletzten, schließlich auch, daß
ein ungarischer Abenteurer Namens Clement, der nachher in
Berlin hingerichtet wurde, mit Hilfe gefälschter Briefe dem
Könige von Preußen einen Plan des dresdner und wiener Hofes
vorspiegelte, ihn auf Schloß Wusterhausen aufzuheben und
den Kronprinzen katholisch erziehen zu lassen, diente alles die
Spannung zu vergrößern. Bald jedoch überzengte sich August,
daß ein gutes Einvernehmen mit Preußen für sein eigenes In-
teresse unentbehrlich sei; Flemming und der Gesandte v. Suhm
wurde zur Ausgleichung der Irrungen nach Berlin geschickt.
Diese Wendung entsprach zugleich den Absichten des Kaisers,
welcher Sachsen und Preußen in gutem Einvernehmen zu
sehen wünschte, weil er beider gegen Frankreich bedurfte. Es
handelte sich ihm nämlich um den doppelten Zweck, Sachsen
zur Gewährleistung der pragmatischen Sanction zu vermögen
und der Wahl eines französischen Candidaten zum König von
Polen nach Augusts Tode, welcher in Folge von dessen bedenk-
licher Erkrankung nahe bevorzustehen schien, vorzubengen. Wäh-
rend aber Sachsen auf diese Combinationen willfährig einzu-
gehen schien, gewann in Dresden eine Partei die Oberhano,
welche auf Anschluß an Frankreich hinarbeitete und neben dem
Projecte einer Theilung Polens, welche dem Hause Sachsen ein
Stück davon erblich und mit unumschränkter Herrschaft ver-
schaffen sollte, nach Karls VI. bald zu erwartendem Tode auf
1) Faber XXX, 535. 558. 586; XXI, 677. 752.