Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

1704 
376 Inneres 1697—1733. 
was sie von ihren Landgütern zum Verkauf sendeten, oder auch 
was sie für ihre Haushaltung von ihren Gütern in die Städte 
bringen ließen, gleich den Bauern veraccisen müßten“, und da 
die Stände, welche eben einer gleichmäßigeren Vertheilung der 
Lasten durchaus entgegen waren, für alle Vorstellungen taub 
blieben und schließlich sogar mit Verweigerung der verlangten 
außerordentlichen Verwilligungen drohten, so that der König 
einen bisher in Sachsen unerhörten Schritt: er entließ sie 
19. Juli 1704 ohne Abschied und ohne ihre Bewilligungen anzu- 
nehmen; die Accise aber wurde, da ihr Ertrag den der ordi- 
nären Steuern weit überstieg, 1705 allgemein eingeführt, auch 
auf das offene Land ausgedehnt, bis 1713 vollständig orga- 
nisirt und trotz noch öfter wiederholter ständischer Beschwerden 
beibehalten. Die Schwierigkeiten der Einführung in den 
Stiftern Merseburg und Naumburg, in der solmsschen Herr- 
schaft Wildenfels und in der Lausitz wurden endlich auch 
gehoben?). 
So war es also dem Kurfürsten gelungen sich von der 
Bewilligung der Stände in einem sehr wichtigen Punkte zu 
emancipiren; es war die natürliche Folge davon, daß diese 
durch ihre aristokratische Absonderung den Zusammenhang mit 
dem Volke verloren und zwischen den Interessen ihres Standes 
und denen des Volkes einen Gegensatz geschaffen hatten. Gleich- 
giltig und selbst nicht ohne Befriedigung sah dasselbe einen 
Eingriff in eine Verfassung geschehen, die nur die Privilegien 
einer Kaste, nicht die Rechte und das Wohl der Gesammtheit 
schützte. Nicht ohne einen Schein von Recht konnten die der 
Regierung dienstbaren Federn den Unwillen des gedrückten 
Volkes von dieser ab auf die Herren Stände lenken, die die 
Steuern bewilligten, aber den größten Theil der Last von sich 
1) Gretschel II, 611 ff. — Durch Einführung der Landaccife 
stiegen die Lebensmittel um ein Drittel im Preise; die wittenberger Pro- 
sessoren hörten seitdem allmählich auf Tischgänger zu haben, weil sie 
Lebensmittel für dieselben zu theuer veraccisen mußten. Grohmann, 
Annalen III, 20.
	        
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