Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

402 Inneres 1697—17933. 
alles Andere waren die Ausschweifungen im Verkehr mit dem 
schönen Geschlechte, denen sich der König, selbst bis zum Miß- 
brauch der in diesem Punkte von seinem Zeitalter gewährten 
Licenz überließ, wo man überhaupt des Glaubens lebte, „daß 
die Sittenlehre an den Höfen von der gemeinen Sittenlehre 
sehr unterschieden sei“. Er hat hierdurch nicht wenig dazu 
beigetragen das Gift der französischen Ansteckung weiterzu- 
verbreiten und dadurch über sich und sein Land den Fluch 
der Maitressenwirthschaft gebracht, die sich hier mit größ- 
ter Ungenirtheit breit machte ). Es war nicht jene ma- 
gische Leidenschaft, wie sie seinen Bruder beherrscht und ver- 
dorben hatte, sondern bewußte Lüsternheit, die ihn unablässig 
mit den Gegenständen seiner Neigung wechseln ließ. Welche 
Summen diese Gunstdamen des Kurfürsten und ihre Kinder- 
schar verschlungen haben, entzieht sich jeder Schätzung. Die au- 
maßendste und theuerste von allen war die Gräfin Kosel, die 
sich außer 100000 Thaler Jahrgehalt ausbedang, daß der König 
hre Kinder als legitime, sie selbst nach dem Tode der Königin 
als rechtmäßige Gemahlin anerkenne; erst, als sie auch nach 
den für die Chevaliergarde bestimmten Geldern die Hand aus- 
streckte, wurde sie durch eine Coalition ihrer Gegner verdrängt 
und, da sie die Auslieferung des ihr gegebenen Eheversprechens 
verweigerte, auf das Schloß Stolpen in Haft gebracht, wo sie, 
zuletzt freiwillig, bis an ihren Tod blieb 2). Damit sich die 
Darin Saturn regietrrtrt. 
So König, ist Dein Schloß, wo alle Freiheit blühet, 
Von dessen Schwelle uns kein Wächter rückwärts ziehet, 
Wo Fürst und Edelmann und Bürger sich vermengt, 
Wohin der Pöbel selbst sich nicht vergebens drängt. 
Gepries'nes Sachsenland, erkenne doch dein Gllück 
Und sieh die Fastnachtslust mit einem schärfern Blick 
U. I. W. 
1) Welche Art von Scherzen r#en sich in Dresden erlaubte, s. Mé- 
moires de Bareith I, p. 103. 
2) Uber die Cosel, besonders über ihren Sturz, s. Harthausen 
bei Vehse V. 155 ff.; über ihren Aufenthalt in Halle v. Loen l, 
191. Außer ihr und der Königsmark seien wenigsteus genannt die Kessel, 
die Gräsin Esterle, die er in Wien durch einen schamlosen Haudel ihrem
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.