Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

1678 
90 Henmebergische Erbschaft. 
abliefern ). In den Originalien der Expectanz= und Lehn- 
briefe nun, welche sich der Kurfürst, angeblich zur besseren 
Vertretung seiner Mündel, aushändigen ließ, fand er die Be- 
stätigung seines Argwohns. 
Er beschwerte sich sehr stark gegen den Kaiser über die ohne 
sein Vorwissen den Ernestinern ertheilte Expectanz; „einer der 
getreuesten Reichsfürsten“, schrieb er durch Craco an den Reichs- 
vicekanzler Dr. Weber, „sei dadurch vom Kaiser verkauft und 
verworfen worden; Apfel, Birnen und Hunde, nicht aber 
Fürstenthümer pflege man ohne der Fürsten Vorwissen zu ver- 
schenken"“. Zugleich aber ließ er dem gedrängten Kaiser an- 
deuten, daß die Grafschaft Henneberg das Aussöhnungsmittel 
werden könne. Wirklich ließ sich August am 25. Juni 1573 
die Anwartschaft auf fünf Zwölftel der henneberger Lande, zu 
denen er bei dem künftigen Anfalle auch noch das sechste Zwolftel 
von dem weimarischen Hause durch Kauf solle an sich bringen 
können, und außerdem auch die auf das Herzogthum Weimar 
vor den Nachkommen Friedrichs ertheilen. Um den häßlichen 
Handel zu bemänteln, wurde derselbe als Entschädigung für 
einige 100000 Gulden bezeichnet, welche er in der gothaischen 
Sache „pgutherzig vorgesetzt“ habe. So mißbrauchte also 
August seine vormundschaftliche Stellung, um sich auf Kosten 
seiner Mündel zu bereichern. Da er sich aber vor künf- 
tigen Vorwürfen derselben fürchten mochte, so wurde später, nach 
Maximilians Besuch in Dresden im Jahre 1575, der Ausdruck 
der Urkunde „auf derowegen von Sr. Liebden bei uns be- 
schehenen Anregen und Suchen“ in die Worte „aus kaiserlicher 
eigener Bewegung“ umgewandelt. Zu größerer Sicherheit 
sollen die beiden Expectanzbriefe für den Kurfürsten und seine 
Mündel auf den 9. Juli 1572 zurückdatirt worden sein. Mit 
gleicher Verletzung des Rechts erstreckte August die Vormund= 
schaft über Johann Wilhelms Söhne noch über des älteren 
Volljährigkeit, 1582, hinaus, so daß er nach dem Tode des 
letzten Hennebergers, Georg Ernst, 27. December 1583, 
in doppelter Eigenschaft, als Vormund und als selbst Bean- 
1) v. Hellfeld a. a. O. II, 1—110, wo auch sämmtliche Urkunden.
	        
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