Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

Premierminister Graf Brühl. 418 
zeuge war auf einen kleinen Kreis von fast lauter Empor= 
kömmlingen, zum Theil der schlechtesten Art, beschränkt; so 
stieg namentlich der ehemalige Bediente Heimicke durch seine 
Brauchbarkeit zu allen schmutzigen Geschäften bis zum Geheimen- 
rath und Conferenzminister. Nicht ein Einziger, der um seiner 
Tüchtigkeit willen von Brühl im Staatödienste angestellt oder 
befördert worden wäre. Zu seinen dienstfertigsten Freunden 
gehörten der Oberconsistorialpräsident v. Globig und der Chef 
der Justiz, Kanzler v. Stammer, dessen Rechtscodex der 
Wunsch des Ministers oder seiner Secretäre war. Diese Letz- 
teren, gemeine Seelen, die sich zu jeder Schlechtigkeit brauchen 
ließen, spielten eine höchst einflußreiche Rolle; sie waren es eigent- 
lich, die Sachsen regierten. Zu feig um das Gute oder das 
Böse aus Grundsatz zu thun, falsch und schleichend gegen seines 
Gleichen, höflich und freigebig gegen seine Diener, schmeichlerisch 
selbst gegen Geringere, sobald er sie entweder fürchtete oder 
brauchte, hochmüthig gegen dicjenigen, dic sich ihm nicht beugten, 
ein Meister in allen Nänken, wußte Brühl jeden Feind un- 
schädlich zu machen, selbst zu verderben. Die Königin ließ er 
durch seine Gemahlin und seine Schwiegermutter, später durch 
die Gräfin Ogilvi überwachen; zwischen den König und dessen 
Familie säcte er Entfremdung; keine Seele am Hofe vom 
Minister bis zum Lakaien und zur Kammerzofe herab, die 
nicht in seinem Solde gestanden hätte. Nie ließ er den König 
aus den Augen, unzertrennlich wie sein Schatten folgte er ihm 
rechnungsdepntatious , Berg., auch Stift Merseburger und Naumburger 
Nammer-Dircctor, Oberinspcclor der Porcellanmannsactur, Chef der 
kurfürstlichen Parforcejagd, Capitular des Stifts Meißen, Probst zu Bu- 
dissin. In Polen, wo er das Indigenat durch die lächerliche Entscheidung 
des erkauften petrikauer Gerichtshofs, daß er polnischer Ablunft sei, er- 
worben hatte und sich seitdem v. Ocieszyno--Brühl nannte, war er 
Kronseldzengmeister, Gencralcommissarins der baltischen Meerespforten, 
Commandeur der sächsischen Neiterei in Polcn, Starost der Zips, von 
Volinow, Lipinek und Biasczuo, Voigt zu Bromberg c. Vergl. über 
ihn: Leben und Charakter des Grasen von Brühl in vertraulichen Briesen, 
2 Theile (1760—1761), als deren Verfasser mit großer Wahrscheinlichkeit 
J. G. H. v. Justi gilt.
	        
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