414 Kurfürst Friedrich August II.
mit nie ermüdender Beflissenheit überall hin; indem er ihn
ausschließlich mit seinen Kreaturen umgab, so daß der König
ohne Brühls Erlaubniß Niemanden zu sehen bekam, keine
Bitte, keine Beschwerde zu seinem Ohre drang und er nie er-
fuhr, wie es in seinem Laude zuging, brachte er denselben in
eine an Sklaverei grenzende Abhängigkeit von seiner Person.
Um es unmöglich zu machen, daß etwas für Brühl Nachtheiliges zu
seinem Ohre dringe, hielten sogar auf dem Wege zur Kirche dessen
Aufpasser die Bittsteller fern, niemand durfte „die Ruhe des
Herrn“ stören und selbst die Kabinetsminister konnten den
König nicht allein sprechen. Und wirklich brachte er es durch
dieses System dahin, daß er trotz der Opposition, in wel-
cher die kurfürstliche Familie, ein Theil des Adels, die tüchtigsten
Generale und Beamten zu ihm standen, und trotz des unsäg-
lichen Elendes, das seine Politik über Sachsen verhing, sich bis
an Augusts Tod unerschüttert behauptete. Aber nie erhob
sich Brühl zu dem Gedanuken, die ungemessene Gewalt, die er
besaß, im Interesse seines Herrn oder zum Wohle des Landes
zu verwenden, sie diente ihm lediglich zur Befriedigung seiner
persönlichen Neigungen und Leidenschaften. In seinem ganzen
Wesen ist nichts zu entdecken von jenem das Urtheil der Nach-
welt versöhnenden Zuge anderer allmächtiger Minister, die die
eigene Größe in der des von ihnen sei es auch hart und des-
potisch regierten Landes sahen; grenzenlose Selbstsucht war die
einzige Triebfeder seiner hohlen Natur, den Staat betrachtete
er nur wie ein ihm zugehöriges Landgut, mit dem er nach
Belieben schalten könne. Mit seiner Macht stiegen seine Hab-
gier, seine leidenschaftliche Prachtliebe und Verschwendung. Als
die sächsischen Finanzen im Jahre 1756 unter preußische Ver
waltung kamen, fand sich, daß Brühl aus jeder königlichen
Kasse etwas, sogar noch sein Pagentractament, überhaupt aber
monatlich 65000 Gehalte bezog, ungerechnet die Einkünfte von
den Gütern, die er sich hatte schenken lassen, von den ihm ver-
liehenen polnischen Salinen und die sonstigen Präsente 1). Der
1) Geheimnisse des sächsischen Cabinets Eude 1745 bis Ende 1756
II (1866), S. 324.