Verhandlungen mit den Kaiserhöfen. 453
wieder habe, „um Erfüllung derartiger Versprechen wenig be-
kümmert sein und das aggrandisement Sachsens schwerlich mit
Ernst und Eifer zu befördern suchen dürfte"“ 1). Wie richtig
die Geheimenräthe die Sachlage beurtheilten, ergab sich neun
Jahre später, wo ihre Prophezeihung fast buchstäblich in Er-
füllung ging; trotzdem brachten sie es nicht über sich die Hand
ganz aus so gefährlichem Spiele zu lassen und der ihnen hin-
reichend bekannten Meinung des Premiers mit einem offenen
Nein entgegenzutreten. Brühl brauchte damals, um in die
Geheimnisse der preußischen Politik einzudringen, seinen zum
Hofrath beförderten und geadelten Schreiber Siepmann, dessen
Geschicklichkeit im Eröffnen von Briefen sich bereits 1736 in
Polen, als man hinter die Umtriebe der lescinskischen Partei
zu kommen wünschte, erprobt hatte; unter Beihilfe eines in
Nachahmung von Handschriften geübten Barons v. Scheel öff-
nete Siepmann alle an den preußischen Residenten in Dresden
v. Klinggräff eingehenden und von ihm abgzeschickten Brief-
schaften, die der Postmeister zu Großenhain abzuliefern ange-
wiesen war; Nachschlüssel und Bestechung eines Kammerdieners
setzten Brühl in Besitz der Chiffre 2). Vieles, was man darin
fand, war für seine Eigenliebe nichts weniger als schmeichel-
haft, es fachte seinen Haß gegen Friedrich zur heißen Leiden-
schaft an. Der Kanzler v. Stammer, der Graf v. Loß
und der Präsident v. Globig bildeten nebst der Gräfin v.
Sternberg, „welche insonderheit das Feuer in Wien anblasen
sollte", eine Art von Collegium, in welchem die Pläne gegen
Friedrich ausgebrütet wurden 3). In directem Widerspruche zu
1) Gebeimnisse des s. C. I, 149 ff.
2) über Siepmann slehe dessen eigene Relation in Schlözer,
Staatsanzeigen XVI (1791), Heft 62; desselben Briefwechsel LXII,
114 und Gebhardt in Pölitz' Jahrbüchern 1 (1829), S. 404 ff. Im
Jahre 1750 wurden plötzlich Siepmanns Papierc, da derselbe jedensalls
mehr wußle als Brühl lieb war, mit Beschlag belegt, er selbst nach Hohn-
stein verwiesen, erhielt aber gegen das Gelöbniß, über alle öffentlichen An-
gelegenheiten zu schweigen, die Erlaubniß sich seinen Aufenthaltsort zu
wählen, und starb 1780 in Hamburg.
3) Leben und Charakter Brühls II, 157.