470 Der siebenjährige Krieg.
sich zur Auslieferung der verlangten Schlüssel, erbot sich aber,
um die Offnung des geheimen Kabinets zu verhüten, die Thüre
desselben zu versiegeln, was auch in der Weise bewilligt wurde,
daß der preußische Offizier sein Siegel unter das ihrige drückte.
Als aber Tags darauf die Preußen etliche Papiere heraus-
nehmen zu dürfen verlangten, vertrat sie die versiegelte Thür,
erklärend, abwarten zu wollen, ob man auch gegen ihre Person
Gewalt brauchen werde. Da aber der Befehl auf ausdrückliche
Weisung des Königs wiederholt wurde, so war aller Widerstaud
nutzlos; einen Theil der Aktenstücke fand man eingepackt, bereit
nach Polen geschafft zu werden. Auf diese von Mit= und
Nachwelt mit Recht verurtheilte Weise setzte sich Friedrich in
den Besitz der Unterlagen zu Hertzbergs. Mémoire raisonné,
deren er zur Rechtfertigung seines Einbruchs vor der öffent-
lichen Meinung allerdings sehr bedurfte. Dem Grafen Brühl
war die Erbrechung des Archivs freilich höchst fatal; indes
tröstete er sich gedankenlos, daß Friedrich ja kein Bündniß
Sachsens mit seinen Feinden habe finden können, weil ein
solches nicht geschlossen worden sei 7).
Nachdem die Preußen durch eine bei Pirna geschlagene
Schiffbrücke die Verbindung mit ihrem linken Flügel hergestellt
hatten, erreichten Tags darauf ihre drei Kolonnen das Rendez-
vous bei dieser Stadt, der König selbst nahm sein Haupt-
quartier zu Groß-Sedlitz; den 11. war das sächsische Heer
von 32000 Preußen völlig eingeschlossen, selbst die Verbindung
mit Böhmen durch ein preußisches Corps, welches auf Neben-
wegen um Pirna herumging, abgeschnitten und konnte nur auf
Schleichwegen, die mit Dresden nur noch eine Zeit lang mittelst
Elbkähnen unterhalten werden. Nicht dad Mindeste geschah
von Seiten der Sachsen, um die tödtliche Umklammerung zu
hindern, oder sich ihr zu entziehen. Nicht gewohnt nach eigener
Einsicht und aus eigenem Entschlusse zu handeln, waren die
sächsischen Generale wie gelähmt; selbst die Herbeischaffung der
1) Fréderic le Gr., Oeu'res IV, 94. Geheimnisse II, 33 ff.
Aster, S. 275.