Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

38 « Kirchliche Berhältnisse. 
bestimmte Zeit übertrug, da Bischof Johann IX., um sich zu 
verheirathen, mit Vorbehalt von Mügeln nebst Sornzig und 
anderen bestimmten Einkünften den 20. October resignirte, 
worauf August und seitdem immer nur sächsische Prinzen zu 
Administratoren postulirt wurden. So endete das Bisthum 
Meißen, nachdem es 614 Jahre unter 44 Bischöfen bestanden 
hatte. Doch blieben den drei Stiftern ihre besonderen Re- 
gierungen, zum Theil auch ihre Consistorien, ihre Stiftsstände 
und Steuern; das bischöfliche Amt aber wurde, soweit es 
noch nöthig war, durch das Kapitel selbst vertreten. An völlige 
Einverleibung war also nicht gedacht; sie behielten ihre Gebiete, 
aber unter kurfürstlicher Verwaltung. Manche Rechte, wie 
1666 die Freiheit von den Appellationen an den Kurfürsten, 
gaben sie später freiwillig auf oder sie kamen außer libung. 
2. Kirchliche Verhältuisse unter Kurfürst Augnsl. 
Unsere bisherige Darstellung der polftischen Ereiguisse unter 
Kurfürst Augusts Regierung hat bereits vielfach auf die con- 
fessionellen Streitigkeiten Bezug nehmen müssen, deren Schau- 
platz damals die protestantische Kirche war. Um jedoch dieselben 
in ihrem Wesen wie in ihrem inneren Zusammenhange mit 
den äußeren Vorgängen richtig zu würdigen, den Ausgang, 
welchen sie nahmen, und insbesondere die Rolle, welche Sachsen 
dabei spielte, zu verstehen, ist es uöthig, noch einmal auf die- 
selben zurückzukommen. 
Nicht als ein unabänderliches, in sich fest abgeschlossenes 
Werk war die Reformation in die Welt getreten, sondern wie 
Luther selbst von der einmal gefundenen Grundwahrheit aus 
sich in seinen religiösen ÜUberzengungen immer mehr befestigle 
und weiter entwickelte, so rang auch das protestantische Dogma 
überhaupt danach, sich von der Einfachheit und Schlichtheit, 
in der es ursprünglich nur den Gegensatz gegen die Verfälschung 
der katholischen Kirche hervorheben sollte, zu größerer Klarheit 
und positiver Durchbildung zu erheben; eine Entwicklung, 
deren Gang schon in der Verschiedenheit der Auffassung zwischen 
den deutschen und den schweizer Reformatoren vorgezeichnet lag,
	        
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