Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

610 Geistiges Leben unter Friedrich August II. 
Prachtliebe und Eitelkeit ihres Besitzers diente (der Katalog be- 
stand aus 61 Foliobänden), doch durch die dem Publikum 
gestattete Benntzung nicht ohne Nutzen blieb. Aber es 
fanden sich in diesen Kreisen doch auch aufrichtige Jün- 
ger der Wissenschaft. Unter diesen steht Graf Heinrich v. 
Bünau (geb. 1697 zu Weißenfels, st. 1762) obenan, dessen 
„Teutsche Kayser= und Reichshistorie“ (1. Theil 1728) neben 
Mascovs berühmtem Werke eine neue Aera der deutschen Ge- 
schichtsschreibung einleitet, ein Mann von umfassender und ge- 
schmackvoller Gelehrsamkeit, der mit Brühl rivalisirend anfangs 
in Dresden, seit 1740 auf seinem benachbarten Gute Nöth- 
nitz ebenfalls eine höchst werthvolle Bibliothek von 42000 
Bänden ansammelte, an welcher J. M. Franke und von 1748 
bis 1752 Winkelmann angestellt waren und die 1764 gleich- 
falls für die kurfürstliche Bibliothek angekauft wurde. Durch 
ihn wurde Nöthnitz damals der Vereinigungspunkt aller in 
Kunst und Literatur bedeutender Männer, einheimischer wie 
fremder 1). Neben ihm darf Graf E. Chr. v. Manteuffel 
nicht übergangen werden, von 1714—1730 kursächsischer und 
k. polnischer Minister, der Stifter des Ordens der Alethophilen, 
der, nachdem ihn Friedrich der Große wegen seiner nahen Be- 
ziehungen zum sächsischen Hofe aus Berlin verwiesen, seit 1740 
die letzten neun Jahre seines Lebens in Leipzig verbrachte und 
sich den dortigen Gelehrten als ein allzeit gnädiger Gönner 
bewies. Im allgemeinen freilich legte auch der sächsische Wdel 
auf äußere Tournure und gesellschaftliche Formen größeres 
Gewicht als auf gründliche Kenntnisse, studirte die Ceremonial= 
wissenschaften und ausländische Nomane und sah schon darum 
mit Geringschätzung auf die ernsteren Studien, weil die von 
ihnen unzertrennliche Unbeholfenheit und Pedanterie sie nur 
zu einer für Bürgerliche geeigneten Beschäftigung zu machen 
schieuen. Nur zu oft stand der Informator in adligen Häusern 
mit dem französischen Kammerdiener, Friseur oder Tanzmeister 
auf gleicher Stufe. 
1) Sahrer v. Sahr, Heinrich Graf von Bünau . (1803), 
S. 1.
	        
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