Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

Die Künste. 513 
Publikums von dem des Hofes zu emancipiren begann. Neues 
Leben kam seit 1747 in die musikalischen Kreise des Hofes 
durch die Kurprinzessin Maria Antonia, die was ihr an körper- 
licher Schönheit abging durch eine Fülle frühzeitig entwickelter 
Talente ersetzte. Als Schülerin Porpora's, der durch sie nach 
Dresden berufen wurde, bereits eine vorzügliche Sängerin, 
Virtuosin auf dem Klavier, lernte sie auch die Laute spielen, 
dichtete selbst nach dem Vorbilde Metastasio's, dessen Trauer- 
spiel Demetrio sie übersetzte, das Schäferspiel II triomfo della 
Fedelta, das Oratorium La Convesione di S. Agostino und 
die Oper Talestri, die sie unter Hasse's Leitung auch compo- 
nirte, Werke, die trotz ihrer Unselbständigkeit und der ihnen 
anhaftenden Geschmacklosigkeit des Zeitalters nach dem Urtheile 
der Kenner manches Schätzbare enthalten; ihre Sentiments 
Tune äme pénitente, eine Umschreibung des 5l. Psalms, und 
ihre Principes de morale chrétienne, die sie ihrem Sohn 
Anton in die Feder dictirte, sind Ergüsse einer wahrhaft frommen 
Seele und zärtlich liebenden Mutter; selbst als Malerin ver- 
suchte sie sich mit Glück. Ihr Ruhm erfüllte die ganze civi- 
lisirte Welt und verschaffte ihr bereits 1747 die Aufnahme in 
die Akademie Arkadia in Rom, der bereits ihr Gemahl au- 
gehörte, unter dem Schäfernamen Ermelinda Talea. Größeres 
Verdienst jedoch als durch ihre eigenen Leistungen erwarb sie 
sich durch ihr reges Interesse für alle künstlerischen Bestrebungen 
und durch die Unermüdlichkeit, mit der sie sich zur Beschützerin 
junger strebsamer Talente machte 1). 
Den nämlichen Einflüssen wie die Musik gehorchten die 
bildenden Künste, für welche auch in diesem Zeitraum Dresden 
noch die tonangebende Stadt Deutschlands blieb, nur daß sich 
in ihnen die Herrschaft des Auslandes noch unumschränkter, 
die Ausartung noch ärger, die eigene Productionskraft ungleich 
schwächer zeigt. Auch hier die Herrschaft des stillosen, mani- 
1) Fürstenau a. a. O. 1I, 192 ff. — Das Verzeichniß ihrer Werke 
bel Petzholdt, Maria Antonia Walpurgis, ein Beitrag zur deutschen 
Nationalliteratur (1857), S. 15 f. 
Böttiger, Geschichte Sachsens. 2. Aufl. II. 33
	        
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