616 Geistiges Leben unter Friedrich August II.
der bedeutendsten Gesamtwirkung. Während der Handel einen
soliden Wohlstand, ja Reichthum hereinbrachte, wehrte die
Universität und die Anwesenheit einer großen Anzahl von Gelehr-
ten dem Genügenlassen an bloß materieller Befriedigung, selbst
die Künste fanden unter den reichen Handelsherren Gönner;
1743 wurde das „Große Concert“, anfänglich noch in sehr
bescheidener Gestalt, gestiftet, dessen erster Director J. F. Doles
war. Umgekehrt erweiterte der Weltverkehr der Handelsstadt
auch den Blick des Gelehrten. Das wichtigste war aber un-
streitig, daß in einer Zeit, wo noch aller Gedankenaustausch in
die Ferne gehemmt und somit auch der Bücherverkehr schwer-
fällig und mit großen Schwierigkeiten verbunden war, den leip-
ziger Gelehrten vermittelst des Buchhandels alle literarischen
Erscheinungen am schnellsten und bequemsten zugänglich wurden.
Die Begünstigung, die hierdurch die Schriftstellerei genoß,
machte Leipzig mehr und mehr zum Mittelpunkte des gesamten
literarischen Verkehrs und zum frühesten Sitz des specifischen
Schriftsteller= oder Literatenthums in Deutschland. Lessing be-
zeugt, daß man auf der Universität Leipzig beinahe nichts so
zeitig gelernt habe als ein Schriftsteller werden, und der ber-
liner Buchhändler Haude bezog aus den leipziger Literatur-
kreisen mehrmals Mitarbeiter für seine Zeitung. Wie die
Organisation des Buchhandels seit 1736 durch Belfügung der
Preise zu dem Biücherverzeichniß und 1742 durch Georgi's
Bücherlexikon, so vervollkommnete sich auch die Buchdruckerkunst,
besonders durch G. J. Breitkopf, den Begründer der damals
größten Buchdiuckerei Leipzigs, Erfinder mehrerer wichtiger
typographischer Verbesserungen und Vertheidiger der deutschen
Frakturschrift gegen den Versuch sie durch die lateinischen Lettern
zu verdrängen. Aus den nämlichen Gründen war für die
Entstehung von Zeitschriften und enchklopädischen Werken kein
Ort geeigneter als Leipzig 1). Durch alles dies erhielt die
1) Von jenen kamen zu den alten Acta Eruditorum, dbie sich noch
eine Zeitlang in altem Ansehen erhielten, u. a. Jöchers deutsche Acta
Eruditorum (1712—1739), die Neuen Zeitungen von gelehrten Sachen
(seit 1715), die Zuverlässigen Nachrichten von dem gegenwärtigen Zustande,