Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

526 Geistiges Leben unter Friedrich August II. 
und Frömmigkeit trotz hie und da störender Weinerlichkeit der 
Ausdruck eines tüchtigen, religiösen und ehrbaren Bürgerthums, 
hat durch seine Werke und den ungetheilten Beifall, den sie 
bei Hoch und Nievrig fanden, wesentlich dazu beigetragen, daß 
jene Uberfeinerung und Ausländerei, wie sie an den Höfen und 
besonders stark an dem sächsischen, herrschten, den eigentlichen 
Kern des Volkes unberührt und unverdorben ließen. Von 
staunenswerthem Einfluß als akademischer Lehrer, war er doch 
noch mehr als dies, nämlich ein Lehrer seiner Nation. Einem Frie- 
drich dem Großen gewann er in der berühmten Unterredung 
zu Leipzig, 18. December 1760, durch seine ehrliche Natürlich- 
keit das Bekenntniß ab: c'est le plus raisonnable de tous 
les Savants allemands; Prinz Heinrich schenkte ihm das sichere 
Pferd, das er in der Schlacht bei Freiberg geritten, und als 
es starb, ersetzte es Kurfürst Friedrich August III. durch ein 
anderes, damit der kränkliche, hypochondrische Mann seinen 
täglichen Spazierritt nicht vermisse. Sein Tod wurde von 
dem ganze Volke beweint.) 
Endlich verdankt Deutschland unserem Sachsen auch seinen 
Lessing, und nicht bloß durch den Zufall der Geburt, sondern 
mehr noch durch die Einflüsse, die von hier aus den Entwick- 
lungsgang dieses selbständigsten aller Geister bestimmt haben. 
War es gewiß schon nicht gleichgiltig für ihn, daß er, zu Camenz 
22. Januar 1729 geboren, einer Provinz entstammte, die seit 
Jac. Böhme's Tagen durch geistige Regsamkeit hervorragte, auf 
die auch die Entstehung der Deutschen Gesellschaft zurückweist, 
daß er von 1741—1746 Zögling der meißner Fürstenschule 
war, auf der damals die Poesie sorgsame Pflege fand und 
von der er selbst rühmte, daß, wenn ihm etwas Gelehrsamkeit 
und Gründlichkeit zu Theil geworden, er es ihr allein verdanke, 
so ist es wiederum hauptsächlich Leipzig, wo sein Genius den 
rechten. Boden zur Entfaltung der in ihm liegenden Keime 
fand. Während hier der Zustand der Theologie, für die ihn 
der elterliche Wille bestimmte, nicht der Art war, um ihn gegen 
1) Hettuer a. a. O., S. 391 fl.
	        
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