Die Herruhuter. 581
Seine Hofrathsstelle in Dresden legte er nieder, ging nach
Stralsund, ließ sich dort als Candidat der Theologie examiniren
und unternahm nun weite Reisen, um seine Ansichten zu ver-
breiten und seine Jünger zu vermehren. Da man in seinem
Treiben nur Neuerung und Conventikelwesen sah, auch Oster-
reich über Entfremdung böhmischer Unterthanen klagte, wurde
er 1736 aus Sachsen verwiesen. In Berlin ließ er sich zum
Bischof der neuen Brüdergemeinde ordiniren. Unterdessen
hatten seine Herruhuter sich nicht nur in der Lausitz festgesetzt
und ausgebreitet (1748 pachteten sie das große Amt Barby,
in dessen Nähe sie später Gnuadau gründeten), sondern selbst
Missionen unternommen und Zinzendorf, seit 1747 nach Sachsen
zurückgekehrt, erlebte noch die Freude, seiner Brüdergemeinde An-
hänger, Mitglieder und Achtung in vier Welttheilen erworben
zu haben. Selbst Brühl nahm seine ausgebreiteten Connexionen
in Anspruch, um bei einem Mitgliede der Brüdergemeinde in
Amsterdam ein Anlehen von 150000 Fl. für die sechsische
Kammer zu vermitteln. Nachdem vier landesherrliche Kom-
missionen nach einander sich in Herrnhut selbst von der Ge-
meinde treuer Anhänglichkeit an die augsburgische Confession
überzeugt hatten, sicherte ihnen ein Rescript vom 20. September
1749 in ganz Sachsen, der Lausitz und Barby ungestörten
Aufenthalt. Durch ihre Thätigkeit in Fabriken und Manufac-
turen, durch ihre Verzweigung in fremde Länder, wurden sie
auch für den Handel immer wichtiger und selbst der Landes-
feind bewies ihnen seine Achtung, indem er sie mehr als Andere
schonte. Am 9. Mai 1760 starb Zinzendorf und außer 2100
Brüdern und Schwestern waren eben 32 Prediger und Heiden-
boten, ein Theil davon aus Nordamerika, gegenwärtig, die ihn
auf seinem Heimgange trugen. Hat man aber von diesem
wunderbaren „Seelensammler“ gesagt, daß er in dem Reiche
der Demuth nach der Oberherrschaft strebte, so führt dies un-
willkürlich zu dem schrofsen Gegensatze zwischen ihm und seinem
Landsmanne und Standesgenossen, der eine nicht minder hohe
Stellung, aber im Dienste der Hoffahrt und der sittlichen Ver-
derbniß einnahm, und man verehrt gern die Vorsehung, die zwei
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