Friedrich Christian und Maria Antonia. 633
Willen der ersteren und ohne Zuthun der letzteren die Lösung
der unnatürlichen Verbindung Sachsens mit Polen herbeiführten.
Die Drangsale des siebenjährigen Krieges waren für Sachsen
der schmerzhafteste aber vielleicht nothwendige Läuterungsprozeß,
in welchem sich die lebensfähigen Elemente von dem, was dem
Vergehen und Absterben verfallen war, für immer abschieden.
Und doch schien die Natur gerade dem Fürsten, welchen
das Schicksal berief, die erste Hand an den Wiederaufbau des
den Einsturz drohenden Staatsgebäudes zu legen, die Kräfte
versagt zu haben, welche eine so schwierige Aufgabe erheischte.
Der den 5. September 1722 geborene, jetzt also 41 Jahr
alte Friedrich Christian, der als der älteste von Friedrich
Augusts II. am Leben befindlichen Söhnen auf den Thron ge-
langte, war von Jugend auf körperlich gebrechlich und an den
Füßen gelähmt, so daß er nicht ohne fremde Hilfe gehen konnte,
daher auch seine Mutter damit umgegangen sein soll ihn zum
Verzicht auf die Nachfolge zu Gunsten seines von ihr bevor-
zugten jüngeren Bruders Kaver und zum Eintritt in den geist-
lichen Stand zu bewegen. Weder Teplitz noch die Bäder von
Jöchia, die er 1738 als Graf von der Lausitz reisend brauchte,
brachten ihm Heilung. Doch hatte er durch den Grafen Mos-
zinski und besonders durch seinen Oberhofmeister, den trefflichen
Grafen J. A. Gabaleon v. Wackerbarth-Salmour, der zu der kleinen
Zahl von Brühls Widersachern gehörte, eine sorgfältige Erziehung
genossen; er besaß ein wohlwollendes Gemüth und wahre Her-
zensgüte, und was ihm an Energie abging, das ersetzte seine
Gemahlin Maria Antonia, der er mit inniger, mitunter sogar
an Blindheit streifender Liebe zugethan war und die, geistvoll
und von einer gewissen süddeutschen Derbheit des Humors,
aber auch lebhaft, rührig und ehrgeizig, große Herrschaft über
ihn und bedeutenden Einfluß auf die öffentlichen Angelegenheiten
gewann, der Art, daß, als 1758 dem bis dahin durch Brühls
Machinationen von aller Theilnahme an den Staatsgeschäften
fern gehgltenen Kurprinzen in Gemeinschaft mit seiner Gemahlin
das Kammerdepartement übertragen wurde, sie es war, welche
in Wahrheit die Leitung desselben in der Hand hatte, die unter