Maria Antonia's Verhandlungen wegen Polens. 568
bereit sein könne, das Mark seines eigenen Landes der Begierde
nach einer Krone zu opfern, die ihn in jeder Weise drücken
würde. Nicht auf diesem Wege, hielt er ihr entgegen, sei das
Heil Sachsens zu suchen, sondern in der Hebung seiner inneren
Wohlfahrt und in der Ordnung seiner Regierung; es sei eine
Chimäre, zu glauben, daß Rußland je dahin zu bringen sein
würde, sein eigenes Werk zu vernichten und in die Entthronung
des von ihm selbst eingesetzten Königs zu Gunsten eines aus-
wärtigen Prätendenten zu willigen, und selbst dies angenommen,
so würde es nur geschehen, um aus dem Kurfürsten einen eben
solchen Schattenkönig zu machen, wie Stanislaus August sei;
er selbst aber sehe sich durch Rußlands Eifersucht gehindert,
dem Kurfürsten dabei von irgend welchem Nutzen zu sein. Es
ist schwer zu verstehen, wie so schlagende Gründe die Lüstern-
heit nach einer Krone nicht zu dämpfen vermochten, die Sachsen
bereits so viel Unheil gebracht hatte; aber die ehrgeizige Kur-
fürstin tröstete sich mit der Üüberzeugung, daß der König von
Preußen zwar alles zu vermeiden suche, was ihn in einen Krieg
bineinziehen könne, aber doch ihrem Sohne nicht hinderlich sein
werde, wenn ihn die Stimme der polnischen Nation auf den
Thron berufen sollte. Noch Jahre lang, als bereits ihr Sohn
und Sacken den Gedanken an die polnische Krone wieder aufge-
geben hatten, trug sie sich mit der ebenso zähen als eiteln
Hoffnung, Rußland zum Trotz, mit Hilfe Frankreichs, Oster=
reichs und der Pforte an das Ziel ihrer Wünsche zu gelangen 1).
Allein die Aufdringlichkeit und Eigenmächtigkeit, mit der
sie sich in die Staatsangelegenheiten zu mischen suchte 2), und
der Widerstand, auf den sie damit bei dem Kurfürsten und
seinen Ministern stieß, mußten nothwendig zu mannichfachen Miß-
verhältuissen führen und in ihr trotz der achtungsvollen Rück-
1) v. Weber, Maria Antonia I, 230 ff. 261.
2) Sie selbst gesteht ihrem Sohne: „Je fnis quclquefois en Votre
#nom des demurchen sans Vons consulter Parce quc je conois Votre
im lecision, mais ciest tonjoum nsans Vous compromettre.“ Ebendas.
S. 274.
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