566 Kurfürst Friedrich August III.
ihr für Abtretung ihrer Erbschaftsansprüche eine große Summe
geboten habe. Der Hof war nicht genannt, doch konnte kein
anderer als der österreichische gemeint sein. Allein das Kabinet
und das Geheime Conseil fanden weder diese Drohung gefährlich
noch auch die gestellten Bedingungen allenthalben annehmbar,
sondern ließen ihr durch den Grafen Niancourt, sächsischen Ge-
sandten in Zweibrücken, ein modificirtes Gegenproject vorlegen,
zu dessen Annahme sie sich nunmehr bequemte. Am 1. Mai
1776 unterzeichnete sie die Cession aller und jeder in Ansehung
der bairischen Erbfolge ihr jetzt schon zustehenden, auch künftig
binzukommenden Ansprüche und Erbrechte an ihren Sohn und
dessen Nachfolger. Da sich jedoch nachträglich herausstellte,
daß ihre Schulden die angenommene Höhe von 700000 Thalern
nicht unbeträchtlich überstiegen, so übernahm der Kurfürst auch
diese noch, worauf seine Mutter sich freiwillig bereit erklärte,
ihm die Hälfte der vorbehaltenen Diamanten zu schenken, und
so wurde die Cession am 6. October 1776 vollzogen.
Bei diesen Verhandlungen hatte die Kurfürstin einen ge-
wissen Oberstleutnant d'Agdollo 1) in ihr Vertrauen gezogen,
der ihr nicht bloß durch seine Gewandtheit, sondern auch durch
die Gunst, in der er bei dem Grafen Sacken stand, von Nutzen
zu sein versprach, aber durch den schnöden Mißbrauch des in
ihn gesetzten Vertrauens für sie eine Quelle der widerwirtigsten
Verdrießlichkeiten wurde. Ein Nachzügler jener abenteuernden
Glücksritter aus der augusteischen Zeit, tief verschuldet und mit
der verwittweten Gräfin Rutowska heimlich vermählt, trieb
dieser Mann, sei es aus Gewinnsucht, sei es aus Haß gegen
Marcolini, auf dessen Sturz er es abgesehen hatte, ein dop-
peltes Spiel, theilte, was er von Maria Antonia's Verhand-
lungen mit Wien wußte, den sächsischen Ministern mit und
maß sich dabei das Verdienst bei, dieselben im Interesse des
1) Pierre Lonis d'Agdollo oder Agdolo, einer veranmten venetianischen
Familie entstammt, Sohn des sächsischen Agenten in Venedig, war durch
Prinz ILaver nach Sachsen gebracht und 1769 zu dessen Flügeladjutanten
ernannt worden.