Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

d'Agdollo. 569 
schon darin, daß er der österreichischen Regierung das Geheimniß 
der Cession verrathen und die entwendeten Papiere dabei als 
Beweisstücke gemißbraucht hatte; der Hauptgrund jedoch des 
gegen ihn beobachteten Verfahrens dürfte mit hoher Wahr- 
scheinlichkeit darin zu suchen sein, daß er sich durch die Ver- 
zweiflung über den mißlichen Stand seiner Verhältnisse und 
aus Nache, weil er seine Dienste für nicht hinreichend belohnt 
hielt, zu einem Erpressungsversuche gegen den Kurfürsten hatte 
treiben lassen. Vermuthlich enthielt das Memoire, mit dessen 
Veröffentlichung er für den Fall, daß man Gewalt gegen ihn 
anwenden werde, gedroht hatte, Dinge, welche dem Rufe und 
der Ehre der Kurfürstin und damit auch des Kurfürsten zu 
nahe traten, und Stoff zu solchen Verleumdungen mochte das 
freie und unbedachte Benehmen der ersteren der dresdner 
Lästerchronik allerdings in hinreichendem Maße geliefert haben ½). 
Daraus würde es sich zugleich erklären, weshalb der Kurfürst, 
der nicht umsonst den Beinamen des Gerechten führt, in diesem 
Fallc es über sich gewann, in das gesetzliche Rechtsverfahren 
einzugreifen. Allerdings scheint gegen den Schuldigen ein Ur- 
theil ergangen zu sein; schwerlich aber ist ein solches von der 
göttinger Juristenfacultät eingeholt worden 2). Richtiger ist 
vielleicht die Angabe des preußischen Gesandten, der Kurfürst 
habe deshalb den Kanzler zu Rathe gezogen, und dessen Aus- 
spruch sei dahin gegangen, daß Agdollo den Gesetzen nach Ab- 
hauung der rechten Hand und Enthauptung verdient habe, was 
vom Kmpfürsten in lebenslängliches Gefängniß gemildert worden 
sei. Wegen einer bedenklichen Erkrankung wurde Agdollo unter 
streuger Bewachung nach Pirna gebracht, 1771 aber auf den 
Königstein zurückversetzt, wo er bis zu seinem Tode im Jahre 
1800 Gefangener geblieben ist; doch trat späterhin eine Mil- 
derung seiner Haft ein. Da sich die Kurfürstin überzeugt haben 
1) m’a manqu gersonnellement et jen ai la preuve en maiu. 
T’uffaire allodiale n’'y a rien à laire.“ Der Kurfürst an Sacken. v We- 
ber II, 115. 
2) Bülan, Geheime Geschichten I, 212. 
1771
	        
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