1776
572 Kurfürst Friedrich August III.
Als nämlich in diesem Jahre Graf Albrecht Christian
Ernst v. Schönburg, Herr zu Hinterglauchan und keaiserlicher
Geheimerrath den Versuch machte, sich unter dem Vorwande,
daß die Necesse von 1740, weil sie weder von Kaiser und
Neich noch vom Könige von Böhmen bestätigt worden, ungiltig
seien, der sächsischen Lehenshoheit zu entziehen, so fand er
Unterstützung bei der deutschen Lehenshauptmannschaft in Prag,
indem dieselbe auf Grund der Incorporationsbulle von 1355
die Landeshoheit über die Nerceßherrschaften für die Krone
Böhmen in Anspruch nahm. Der Reichshofrath ging selbst
soweit, 1776 in einer Citation Ad videndum et audiendum
Cassari et annullari transactiones de a. 1740 die Ungiltig-
keit des Recesses auszusprechen, weil dadurch dem Reiche ein
unmittelbarer Reichsstand entzogen worden, die Landeshoheit
aber von der dem Hause Schönburg darin belassenen Reichs-
standschaft unzertrenulich sei. Hiermit ruhete vorläufig die
Sache. Als aber unn in einer Schuldforderungssache des
preußischen Grafen von Finkenstein an seinen Schwiegervater,
den Grafen von Schönburg, von der Landesregierung zu Dresden
kraft des Recesses von 1740 gerichtliche Execution gegen letz-
teren verfügt und unbekümmert um das von dem prager Lehn-
hofe dagegen erlassene Dehortatorium von Zwickan aus ins
Werk gesetzt wurde, ging der Graf von Schönburg nach Wien,
trat zum Katholicismus über und bewog die Kaiserin Maria
Theresia, als Königin von Böhmen von dem Kurfürsten die
Herstellung des früheren Standes der Dinge „in den schön-
burgischen böhmischen Lehnsherrschaften“ zu verlangen; und da
Friedrich August dieses Ansinnen mit der Erklärung zurückwies,
„er habe bloß seine Hoheitsrechte behauptet, ohne die böhmischen
Lehensrechte zu gefährden, der Gang des Rechts gegen den
Grafen könne nicht unterbrochen werden“, so rückten ohne
Weiteres, selbst ohne vorherige Anzeige, 200 Mann Oster-
reicher mit vier Kanonen in Begleitung des böhmischen Lehens-
commissarius v. Escherich über das Erzgebirge und führten den
Grafen nach Glauchau zurück; dort veröffentlichte der Com-
missar eine Proklamation der Kaiserin-Königin, in welcher