Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

48 Pläne gegen die Philippisten. 
schwung hervor. Das Erste, wozu August seine angemaßte 
Vormundschaft über des Verstorbenen Söhne benutzte, war, 
daß er sich seiner flacianischen Gegner entledigte. Binnen 
wenig Wochen, wurden 111 Geistliche, die sich weigerten, den 
Consensus Dresdensis zu unterschreiben, aus den herzoglichen 
Landen verwiesen, an ihre Stelle junge Theologen und Stipen- 
diaten aus Wittenberg berufen. Aber die Niederlage des 
Flacianismus, wie vollstäindig sie auch erschien, war doch weit 
entfernt, den Sieg des Philippismus zu bedeuten; sie bereitete 
vielmehr auch dessen Untergang vor. August bedurfte seiner nun 
nicht mehr als Waffe, innerlich hatte er ihm stets fern ge- 
standen; er war ihm nur noch ein Hinderniß auf dem Wege 
zu dem längst verfolgten Ziele der allgemein anerkannten Führer- 
schaft des deutschen Protestantismus, und es kam bloß darauf 
an, dasselbe in einer Weise zu beseitigen, daß dadurch die Er- 
langung dieses Zieles selbst nicht gefährdet werde. Dieser Ab- 
sicht entsprach freilich die Ansführung sehr wenig. Die Fäden 
einer weitverzweigten Intrigue verflochten sich zu der Schlinge, 
die den Philippismus erwürgen sollte. Den Entschluß, mit 
demselben aufzuräumen, brachte August, wie es scheint, schon von 
einer Reise zurück, die er 1573 in Annas Begleitung nach Wien 
unternommen hatte, wo man sehr richtig in der Vereinigung 
aller Protestanten zu einer Kirche den Sieg der Neformation, 
in ihrer Spaltung den Weg zu ihrer Unterdrückung erkannte. 
Im Calvinismus sah die katholische Kirche einen viel ärgeren 
Feind als im Lutherthum; die im folgenden Jahre gleichzeitig 
in Oesterreich und in Sachsen gegen denselben ergriffenen Maß- 
regeln lassen auf getroffene Verabredungen schließen 1). Aber 
es wirkten noch ganz andere als kirchliche Beweggründe hierbei 
mit. In Dresden war es vornehmlich auf des mächtigen 
Craco Sturz abgesehen, der nicht bloß die Gunst der Kur- 
fürstin, weil er ihr keineswegs den erwarteten Einfluß auf die 
Staatsangelegenheiten verschaffte, bald wieder verscherzt, sondern 
1) Gillet a. a. O. I, 434. Languet schreibt an Camerarius aus 
Wien, es gelte einen großen Sturm auf den Calvinismus Üüberhaupt, zu 
dem Dresden und Wien sich die Hand reichten.
	        
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