Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

600 Kurfürst Friedrich August III. 
blieben und die drei Mächte schließlich dessen Schicksal über 
Sachsen hinweg und ganz ohne dessen Zuthun entschieden. 
Das Bedenklichste war aber doch, daß das Werk vom 
3. Mai weder seinen Urhebern noch dem Auslande Vertrauen 
zu seiner Lebensfähigkeit einflößte. Mehr und mehr stellte sich her- 
aus, daß dasselbe nichts sei, als eine von einer Minderheit durch 
umlautere Mittel und eine förmliche liberrumpelung durchgesetzte 
Revolution. Sobald der erste Rausch verflogen war, besann man 
sich, daß der NReichstag, indem er die Erblichkeit votirte, dem 
ausdrücklichen, in den Landtagen ausgesprochenen Willen der 
Nation zuwider gehandelt habe; die anfangs durch den Ter- 
rorismus der herrschenden Partei eingeschüchterte Opposition fing 
an sich zu regen. Bei dieser Lage der Dinge konnte weder 
das Kabinet noch auch das Geheime Consilium in dem von ihm 
erforderten Gutachten umhin, in lÜbereinstimmung mit den 
Warnungen, die Essen unablässig aus Warschau erschallen 
ließ 1), dem Kurfürsten die Anahme zu widerrathen. Wenn 
derselbe trotzdem nicht schlechthin ablehnte, sondern sich zunächst 
die Prüfung der Constitution vorbehielt, so war, was ihn dazu 
bestimmte, sicherlich nicht der bestechende Glanz der Königskrone, 
sondern neben der Erinnerung an die frühere Verbindung mit 
Polen das Gefühl der Verpflichtung gegen eine Nation, die 
auf ihn ihre letzte Hoffnung gesetzt hatte, ja gegen die Nuhe 
von ganz Europa, deren Erhaltung vielleicht jetzt in seine Hand 
gelegt war. Aber mit seiner Bedächtigkeit war der Ungeduld 
der Polen wenig gedient. Indem die Partei des 3. Mai die 
Täuschung unterhielt, als wünsche der Kurfürst die Krone, legte 
sie es darauf an ihn auch wider seinen Willen fortzureißen. 
Als ob seine Zustimmung zu der Verfassung bereits außer 
Frage stehe, richtete der Reichstag an ihn die Bitte, daß er 
1) Essen an Graf Loß, 21. September: „Je D’vose pas Vous dire, 
Mr. le Comte, ce que jo pense sur le malheureux caractère de ces 
Drétendus amis de I’Elccteur, mauis je läche le mot: tout ont ici 
fourberie. En nous noyant on veut se sauver, voilà la vomme de 
tout.“
	        
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