Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

Das Anerbieten der poluischen Thronfolge. 601 
seine Entschließung, die Verhandlungen über die Pacta conventa 
zu eröffnen, beschleunigen möge. Hierauf erfolgte 23. October 
die Antwort: der Kurfürst habe in der Verfassung verschiedene 
zweifelhafte Punkte gefunden, vor deren Erledigung er sich in 
keine Verhandlung über die Pacta conventa einlassen könne; 
er trage deshalb auf Ernennung von beiderseitigen Commissaren 
an, um dieselbe ins Reine zu bringen. Diesem Antrage ent- 
sprach die Republik, indem sie den Grafen Malachowski und 
den Fürsten Adam Czartoriski zu diesem Zwecke bevollmächtigte; 
im December begannen dieselben ihre Conferenzen mit den 
Ministern v. Loß und v. Gutschmid. 
Während man aber noch in Dresden hin und her ver- 
handelte, erfolgte die entscheidende Wendung durch ein doppelte 
Einwirkung von außen her, nämlich durch den Frieden, den 
Rußland zu Jassy am 9. Jannar 1792 mit der Pforte schloß, 
und durch den drohenden Krieg gegen Frankreich. Je näher 
diese beiden Eventualitäten rückten, desto wichtiger wurde es 
für Kaiser Leopold, eine definitive Regelung der polnischen An- 
gelegenheit herbeizuführen, um zu verhüten, daß während Oster- 
reichs anderweitiger Beschäftigung die zerrüttete Republik seinen 
beiden Rivalen zu Beute falle, daß namentlich Preußen sich 
auf ihre Kosten stärke und vergrößere. Seitdem letzteres die 
Hoffnung, die Abtretung von Danzig und Thorn zu erlangen, 
hatte aufgeben müssen und die Besorgniß vor dem in Frank- 
reich immer gewaltiger um sich greifenden revolntionären Geiste 
auch die Constitution vom 3. Mai in verändertem Lichte sehen 
liest, hatte der Ton des berliner Kabinets viel von der früheren 
Freundlichkeit gegen die Republik verloren; es erwog jetzt ernst- 
licher als vorher, wie wenig es in Preußens Interesse liege, 
daß Sachsen durch die Verbindung mit Polen zu neuer Geltung 
im Reiche emporsteige. Dennoch brachte es der Kaiser dahin, 
die Verhandlungen über Polen auf Grund des Vertrags vom 
25. Juli mit ihm fortzusetzen und an die Kaiserin von Ruß- 
land die Einladung zum Beitritt zu demselben ergehen zu 
lassen. Gleichzeitig schickte er den Ritter v. Landriani nach 
Dresden, um unter Erbietung seiner guten Dienste sowohl in 
1792
	        
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