Theilung Polens. Bauernunruhen. 605
war vorläufig die letzte Spur der verhängnißvollen Verbindung
Sachsens mit Polen verwischt. Wer mochte damals ahnen,
daß zwölf Jahre später ihr Gespenst noch einmal aus dem
Grabe erstehen würde!
Während dieser Berührungen mit der großen Politik
waren in Sachsen im Jahre 1790 Bauernunruhen ausgebrochen,
zu denen unverkennbar die Vorgänge in Frankreich die Anregung
gegeben hatten, obgleich die Beschwerden, gegen welche die Be-
wegung sich richtete, hier keineswegs drückender waren als in
anderen Territorien. Vielleicht trut gerade der Umstand, daß
der sächsische Bauernstand wenigstens in einigen Theilen des
Landes verhältnißmäßig auf einer höheren Bildungsstufe stand
als anderwärts, dazu bei ihn für revolutionäre Idcen empfäng-
licher zu machen; darum waren auch nicht die ärmeren Ge-
genden oder die Lausitzen, in welchen letzteren die Gutsunter-
thänigkeit noch dicht an Leibeigenschaft grenzte, der Schauplatz
dieser Unruhen, sondern die fruchtbarsten und deshalb wohl-
habendsten Theile des Landes, wo ein sehr gelesenes Volksblatt,
die Bauernzeitung, und andere Nachrichten davon erzählten, wie
jenseits des Rheins die Feudalaristokratie in einer Nacht ver-
nichtet, der schreiende Druck des Adels auf die Grundholden,
die Legion der Frohn-, Zwangs-, Jagd-, Trift= und anderer
Rechte kühn gesprengt worden sei. Seufzten nicht auch in
Sachsen die Bauern unter ähnlichen Lasten? Denn nicht allein
daß dic hergebrachten Vorrechte der Gutsherren und ihre
Patrimonialgerichtsbarkeit an sich viel Drückendes enthielten, so
wurde dieser Druck noch durch manche eigenmächtige Ausdehnung
jeuer Vorrechte, durch Eigennutz und Parteilichkeit der Gerichts-
halter erhöht. Oft geschah es, daß die Gutöherren gegen die
Erbregister ihre Heerden vermehrten oder Bauerngrundstücke
zum Gute kauften, die nun auch durch die Fröhner mit be-
arbeitet werden sollten, oder sie theilten die Frohntage in halbe
oder viertel Tage und plagten dadurch die vente noch weit
mehr. In Klagesachen gegen den Gutöherrn hatte der um
seinen Verdienst besorgte absetzbare Gerichtshalter seines Patrons
Interesse mehr als das der Bauern vor Augen, und vor die