622 Kurfürst Friedrich Augußt III.
solchen Schritt geradezu nothwendig zu machen; der Herzog
von Weimar kam wieder nach Dresden, um den Kurfürsten
dazu zu bringen. Selbst das berliner Kabinet wurde durch
die Besorgniß, daß es sonst Frankreich gelingen möchte, durch
Verlockung und Ausstreuung von Argwohn Sachsens loyale
Haltung zu erschüttern und es von Preußen abzuziehen, ins-
besondere durch das Gerücht, als ob Napoleon für seinen
Bruder um des Kurfürsten Tochter werbe und ihm für diesen
Fall Erfurt und die anhaltischen Länder anbiete 1), bewogen
seine Bereitwilligkeit zu Anerkennung der sächsischen Königs-
würde zu bezeigen, erhielt aber nur eine ausweichende Antwort.
Dem dem Kurfürsten für seine Person widerstand jede Ande-
rung des Hergebrachten und war es auch nur die eines Titels
viel zu sehr, als daß er je das geringste Verlangen nach der
Königskrone gezeigt hätte ?).
Trotzdem konnte man sich der Einsicht nicht verschließen,
daß Veränderungen bevorstünden, die auch Sachsen nicht unbe-
rührt lassen würden. Angstliche Schwüle lag auf allen Herzen,
voll Bangigkeit waren alle Augen nach Paris gerichtet, was
dort über Deutschlands Zukunft entschieden werden würde.
Der Herzog von Weimar erschien im Juli abermals in Dres-
den, um etwas zu erfahren, aber man hatte dort selbst nichts
als Gerüchte; nur soviel stand nicht mehr zu bezweifeln, daß
Napoleon einen Theil der Reichsstände in ein Bundesverhältuiß
zu sich zu bringen beabsichtige. Bei Frankreichs feindseligem
und nur durch freundliche Worte verdeckten Verhiltnisse zu
Preußen lag darin eine dringende Mahnung, ja eine durch den
Instinct der Selbsterhaltung gebotene Pflicht, sich gegen die
von dort her drohenden Gefahren dadurch eine Schutzwehr
aufzurichten, daß es die noch nicht verlorenen Glieder des
Reichs um sich schare. Bereits seit dem Jahre 1800 war
1) Daß dies wirklich geschehen, wird durch keine anthentische Quelle
bestätigt; die Correspondance de Napolcon I enthält davon nichts.
2) Brockhausens Berichte vom 9. Jannar und 24. März 1806 bei
Schmidt, S. 408 u. 414.