Die Concordienformel. 53
Katechismus und die schmalkaldischen Artikel festzuhalten seien,
trat am 28. Mai 1576 eine Anzahl sächsischer Theologen mit
Andreä, dem Braunschweiger Chemnitz, Chyträus aus Rostock,
Musculus und Körner aus Frankfurt a O. zur Ausarbeitung
einer neuen Compositionsschrift zusammen. Schon nach zehn
Tagen war diese, das torgauische Buch, vollendet und mit ihr
die gänzliche Lossagung von Melanchthons Auctorität, der voll-
ständige Bruch mit der ganzen bisherigen Entwickelungsgeschichte
des deutschen Protestantismus. Das Corpus doctrinne, die
Grundrveste, die Exegesis, der wittenberger Katechismus, alles
war aufgeopfert, die cathedra Lutheri wieder aufgerichtet.
Mit Staunen sah die Welt, wie derselbe Fürst, der noch vor
4 Jahren dem Ubiquitismus einen Kampf auf Leben und
Tod angekündigt, der noch vor 2 Jahren diesen auf das
förmlichste verworfen und Melanchthons Auctorität aufs neue
bestätigt hatte, jetzt umgekehrt diese verwarf und jenen auf den
Stuhl hob.
Als nun die neue Formel fast allen evangelischen Ständen
im Reiche zur Prüfung zuneschickt wurde, erfuhr sie auf wenig-
stens zwanzig deshalb gehaltenen Conventen trotz mancher Aus
stellungen im ganzen doch soweit Zustimmung, daß ihre Urheber
sich noch mit der Hoffnung einer allgemeinen Anerkennung
tragen konnten. Mit möglichster Berücksichtigung jener Cen-
suren arbeiteten hierauf Andreä, Chemnitz und Seluecker (aus
Leipzig) in ernenten Zusammenkünften zu Kloster Bergen, März
und Mai 1577, das klosterbergische Buch aus, das sich nun
freilich nicht mehr als ein Bedenken zur Pacification der Theo-
logen, sondern geradezu als Bekenntniß der Kirche ankündigte.
Indem diese Formula concordige die letzten Spuren des
Melanchthonismus austilgte, seine Bekenner unter der über
die Zwinglianer und Sacramentirer ausgesprochenen Verdam-
mung mit inbegriff und alle, welche sie nicht als alleingiltigen
Kanon anerkannten, von der Zugehörigkeit zur protestantischen
Kirche ausschloß, mußte sie für die letztere nothwendig zur wah-
ren Zwietrachtsformel werden. Mit Frohlocken wohnten die
Papisten dem Schauspiel bei, wie die evangelische Kirche an